Vegetarische / vegane Fleischersatzprodukte, Veggiburger
mögliche Anwendung der Gentechnik | Kennzeichnung |
---|---|
Sojaproteine (aus gv-Soja) | ja |
Stärke, modifizierte Stärke aus gv-Mais | ja |
Glukosesirup und andere Stärkeverzuckerungsprodukte (Enzyme) | nein |
Methylcellulose (aus gv-Baumwolle) | ja |
diverse Zusatzstoffe, Aromen, geschmacksverstärkende Stoffe, Vitamine, Enzyme und Aminosäuren, hergestellt mit Hilfe von gv-Mikroorganismen | nein |
Leghemoglobin (veganer roter Blutfarbstoff), hergestellt mit bzw. aus gv-Hefe | (?) |
Burger, Schnitzel, Würstchen, Salami, Hackfleisch, Chicken-Nuggets….. kaum ein bekanntes Produkt aus Fleisch, das es inzwischen nicht auch als vegetarische oder gar vegane Variante gibt. Bei fast allen Produkten ist das Fleisch durch pflanzliche Proteine ersetzt worden.
Damit die vegetarische Ersatzprodukte den fleischlichen „Originalen“ in Bezug auf Aussehen, Geschmack und Textur möglichst nahe kommen, ist ein hoher technologischer Aufwand erforderlich. Je perfekter das traditionelle Fleischprodukt imitiert wird, um so besser für den Markterfolg.
Aus Pflanzen „Fleisch“ machen: Die hohe Kunst des Protein-Designs
In der Regel sind Fleischersatzprodukte hochverarbeitet und lebensmitteltechnologisch anspruchsvoll. Meist enthalten sie eine Vielzahl von Zutaten und Zusatzstoffen. Bei mehreren davon sind gentechnische Anwendungen möglich:
Grundstoff für Fleischersatzprodukte sind in der Regel pflanzliche Proteine, die meist unter hohem Druck und Temperaturen zu einer fleischähnlichen faserigen Textur geformt werden. In der Regel sind dazu spezielle Maschinen (Extruder) nötig.
Die Proteinmasse kann aus Erbsen, Weizen oder Kartoffeln stammen, vor allem aus
- Sojabohnen, oft in Form von (Texturiertem Sojaeiweiß)
Bei Fleischersatzprodukten auf Sojabasis ist mit Spuren von gv-Sojabohnen zu rechnen. So konnte etwa die amtliche Lebensmittelüberwachung in Baden-Württemberg in 20 Prozent der untersuchten Veggi-Produkte gv-Sojabohnen nachweisen (Veggi-Wurst, veganer Geflügelsalat, vegetarische Frikadellen). Die Anteile waren gering und blieben weit unterhalb des für die Kennzeichnung maßgebenden Schwellenwerts von 0,9 Prozent. Betroffen waren auch Bio-Produkte.
Bei Importprodukten aus USA kann die Proteinmasse aus gv-Soja bestehen, etwa beim Impossible Burger. Diese werden entsprechend gekennzeichnet (bioengineered). In Europa ist die Verwendung von gv-Soja kennzeichnungspflichtig.
Weitere Zutaten und Zusatzstoffe in Fleischersatzprodukten, bei denen Gentechnik-Anwendungen möglich sind, können etwa sein:
- Füllstoffe: Inulin und Oligofruktose, Stärke, modifizierte Stärken
- Binde- und Verdickungsmittel, Emulgatoren: Xanthan, Cellulose (auch Methylcellulose), Lecithin, Mono- und Diglyceride
Bei vielen Fleischersatzprodukten ist Trinkwasser die mengenmäßig wichtigste Zutat. Um die darin gelösten Pflanzenproteine in eine feste, fleischähnliche Konsistenz zu bringen sind Füllstoffe und Bindemittel technologisch notwendig. Methylcellulose, in der Regel aus Baumwolle gewonnen, soll eine faserige Textur herbeiführen. - Vitamine: Vitamin C, Riboflavin, Vitamin B12, Vitamin E. Eine vegane oder vegetarische Ernährung liefert nicht genug Vitamin B2. Es wird daher wird oft Fleischersatzprodukten auf Pflanzenbasis zugesetzt. Vitamin B12 ist etwa für die Bildung roter Blutkörperchen essentiell.
- pflanzliche Öle, oft aus Raps oder Kokospalmen
- Traubenzucker Glukose, Milcheiweiß, Molkenpulver, Milchsäure, Ascorbinsäure
- Aromen und geschmacksbildende Stoffe: Aromen und Raucharomen, Maltodextrine, Zitronensäure, Würze, Hefe bzw. Hefeextrakt
- weitere, nicht auf der Zutatenliste zu deklarierende Stoffe: Aminosäuren, verschiedene Enzyme
Es können keine Aussagen dazu gemacht werden, ob diese Angaben auf ein bestimmtes Produkt zutreffen. In der Regel versuchen die europäischen Hersteller von Fleischersatzprodukten, nur Zutaten zu verwenden, die nicht direkt aus gentechnisch veränderten Organismen stammen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass Zusatzstoffe, Aromen, Enzyme oder Aminosäuren zum Einsatz kommen, die mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen hergestellt werden. Bei diesen Gentechnik-Anwendung besteht keine gesetzliche Kennzeichnungspflicht.
Saftig und rot wie Blut Der Schlüssel zum perfekten Fleisch-Imitat ist Leghemoglobin, eine Verbindung ähnlich wie roter Blutfarbstoff. Hergestellt wird sie von Hefen, die zu diesem Zweck gentechnisch verändert wurden.
Fotos: Impossible Foods
Roter Blutfarbstoff: Die Perfektion des Fleischimitats
Bisher sind viele Veggiburger, Veggi-Fleisch oder -Wurstprodukte - trotz des großen technologischen Aufwands - für überzeugte Fleischliebhaber eine Enttäuschung. Um auch diese Zielgruppen mit ihren Produkten zu erreichen, versuchen viele Hersteller, ihre Produkte hinsichtlich Textur, Geschmack, Geruch und Aussehen immer weiter zu verbessern und den Originalen so nahe wie möglich zu kommen.
Vor ein paar Jahren hat ein kleines kalifornisches Start-up (Impossible Food) herausgefunden, worin der Hauptunterschied zwischen Original und Imitaten besteht: Den fleischlosen Alternativen fehlen Häm (oder Heme), eine Gruppe von komplexen Verbindungen mit einem Eisen-Atom an zentraler Stelle. Auch der rote Blutfarbstoff (Häm b), der zusammen mit Globin (Hämoglobin) für die Sauerstoffaufnahme und -transport verantwortlich ist, gehört zu den Heme-Verbindungen. Andere Varianten kommen auch in Pflanzen und Bakterien vor.
Die Heme sind es, die den Unterschied machen: Sie verleihen den fleischlosen, vor allem aus Weizen-, Kartoffel- und Sojaproteinen bestehenden Burgern nicht nur die charakteristische Textur von Fleisch, sondern auch dessen Geruch, Geschmack und Aussehen. Wenn sie gebraten werden, bildet sich die rote, saftige Farbe. Der Impossible Burger, schwärmen seine Entwickler, stelle auch die überzeugten Fleischesser zufrieden.
Doch Heme aus tierischem Blut kommen für die vegetarischen Burger nicht in Frage. Stattdessen enthalten sie eine ähnliche pflanzliche Variante - Leghemoglobin -, die vor allem in den Wurzeln von Sojabohnen zu finden ist - allerdings in extrem geringen Konzentrationen. Um sie in den für den Massenmarkt erforderlichen Mengen produzieren zu können, gibt es zu einer biotechnologischen Herstellung keine Alternative: Das Leghemoglobin wird mit einem Hefestamm (Pichia pastoris) gewonnen, in den ein ursprünglich „pflanzlicher“ Stoffwechselweg „eingebaut“ wurde (Synthetische Biologie, Präzisionsfermentation). In den Hefezellen bildet sich nun der blutrote - und blutähnliche - vegane Farbstoff.
Mit einiger Verzögerung hat die US-amerikanische Lebensmittelbehörde FDA für das so gewonnene Leghemoglobin das Sicherheitszertifikat (GRAS = Generally Recognized As Safe) erteilt. Man habe keine Fragen hinsichtlich der Sicherheit des Leghemoglobins und der damit zubereiteten Burger mehr, teile die Behörde in einem offiziellen Brief (24. Juli 2018) mit. Allerdings müssen die Produkte mit einem Hinweis für Soja-Allergiker versehen werden.
Im Oktober 2019 hat Impossible Foods auch in der EU einen Zulassungsantrag für das mit gv-Hefe produzierte Leghemoglobin eingereicht. Die erste wissenschaftliche Bewertung als neuartiger Zusatzstoff („Farbe in Fleischanalogprodukten“) ist bereits abgeschlossen. Der Verzehr sei unbedenklich und eine Festlegung von Höchstmengen nicht erforderlich, so das EFSA-Gutachten (Juni 2024). Komplizierter als die lebensmittelrechtliche dürfte die ebenfalls erforderliche gentechnikrechtliche Zulassung werden. Zwar hat Impossible Foods dazu ein umfangreiches Dossier vorgelegt, doch erst einmal ist das Verfahren unterbrochen, weil die EFSA weitere Daten angefordert hat. Nun soll die Sicherheitsbewertung im Juni 2025 abgeschlossen sein. Ähnliche Zulassungsverfahren laufen auch in mehreren anderen Ländern.(siehe: Im Web).
Rote Beete-Saft statt Gentech-Blutfarbstoff
Ein anderes kalifornisches Start-up (Beyond Meat) setzt auf einen weniger aufwändig hergestellten Blutfarbstoff-Ersatz: Rote Beete-Saft. Ähnlich wie die Impossible Burger vermitteln auch die von Beyond Meat das Gefühl, in einen roten, saftigen Fleischklops zu beißen - und haben damit anfangs großen Erfolg. Inzwischen ist er merklich abgekühlt, wie für viele ähnliche Produkte.
Auch in Deutschland haben alle großen Handelsketten den Beyond Meat-Burger und ähnliche Produkte verschiedener Hersteller im Sortiment. Sofern sie keine neuartigen Lebensmittelzutaten enthalten, die als Novel Food zulassungspflichtig wären, müssen diese Veggiburger - oder andere Formen von pflanzlichen Fleischimitaten - keine besondere lebensmittelrechtlichen Zulassungsvorschriften erfüllen.
Datenbank Zulassungen EU
Themen
The Strange Science of Impossible Burger (Wired)
Im Web
- Beyond Meat, Produkte
- Impossible Foods
- How GMOs can save civilization (and probably already have); Michael Eisen (Impossible Foods)
- FDA: GRAS Notice Soy Leghemoglobin
- The Impossible Burger wouldn’t be possible without genetic engineering; Nathanael Johnson, Grist, 10.08.2017
- EFSA: Sicherheit von Sojaleghämoglobin aus der gentechnisch veränderten Komagataella phaffii als Lebensmittelzusatzstoff (Jun 2024)
- EFSA: Request for placing on the market of Soy Leghemoglobin produced from genetically modified Pichia pastoris (EFSA-GMO-NL-2019-162)
- Good Food Institute, The science of plant-based Meat