Chymosin (Labenzym, mikrobielles Lab)
Wirkung | Spaltung von Milcheiweiß |
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Anwendungsbereiche | Hart- und Weichkäse, Mozarella, Quark |
Gentechnik | hergestellt mit gv-Mikroorganismen |
Kennzeichnung | nein |
Chymosin (auch Rennin) ist der Hauptwirkstoff des Labenzyms (auch Lab, Labferment oder Rennet) und wird bei der Herstellung von Käse oder Speisequark eingesetzt.
Labenzyme sind bei der Herstellung fast aller Hart- und Weichkäse unverzichtbar. Sie spalten das Kasein-Eiweiß der Milch an einer bestimmten Stelle des Moleküls und bewirken dadurch deren Gerinnung („Dicklegung“): Das Kasein verklumpt und trennt sich von der wässrigen Molke. Danach beginnt der Reifeprozess des Käses. Auch bei der Herstellung von Quark oder Mozarella (auch als Pizzabelag) ist diese Dicklegung der Milch der erste Schritt.
Es sind mehrere Labenzyme oder -fermente auf dem Markt, die sich hinsichtlich Herkunft und Herstellungsweise unterscheiden:
- Traditionelle Labenzyme werden aus Tieren gewonnen, vor allem aus den Mägen geschlachteter Kälber. Säugende Kälber benötigen das von speziellen Zellen ihrer Magenwand produzierte Chymosin-Enzym, um die Milch der Mutterkühe verwerten zu können. Auch Schlachtabfälle von Lämmern oder jungen Ziegen sind Quellen für Labenzyme. Die Verfügbarkeit von tierischem Lab reicht jedoch längst nicht mehr aus, um den weltweit steigenden Bedarf an Käse zu decken.
- Labenzyme pflanzlichen Ursprungs (Labkraut) werden bei der Käseherstellung nur noch selten eingesetzt. Oft führen sie zu biochemischen Nebenreaktionen, die unerwünschte Geschmacksveränderungen zur Folge haben.
- Derzeit sind vor allem mikrobielle Labenzyme in Gebrauch. Sie werden mit Hilfe von speziellen Mikroorganismen – Hefen, Bakterien und und Pilzen – hergestellt. Die ersten kommerziellen Produkte kamen in den 1990er Jahren auf den Markt. Anfangs wurden dafür meist gentechnisch veränderte Mikroorganismen eingesetzt. Inzwischen kommen verstärkt auch andere, mit modernen Verfahren optimierte Mikroorganismen zum Einsatz, die nicht als „gentechnisch verändert“ gelten und deswegen auch einer „ohne Gentechnik“-Deklaration des Käses nicht im Wege stehen.
Herstellung von Chymosin mit gentechnisch veränderter Hefe (schematische Darstellung).
Quelle: National Centre for Biotechnology Education, University of Reading (UK); großes Foto oben: iStock-gresei
Gentechnik
Ende der 1990er Jahre gelang es, das Chymosin-Gen aus Darmwand-Zellen von Kälbern zu isolieren und auf Hefe – später auch auf Pilze oder bestimmte Bakterienstämme – zu übertragen. Diese werden vermehrt und in geschlossenen Systemen (Fermenter) kultiviert, wo sie das Chymosin in die Kulturbrühe abgeben. Das Chymosin wird abgetrennt und von möglichen Verunreinigungen oder Resten der gentechnisch veränderten Mikroorganismen gereinigt.
Die Herstellung von Chymosin mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen war eine der ersten kommerziellen Anwendungen der Gentechnik im Lebensmittelsektor. Inzwischen ist die Produktion von Labferment bzw. Chymosin mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen weit verbreitet. Es sind mehrere Chymosin-Präparate verschiedener Hersteller auf dem Markt. Verglichen mit anderen mikrobiellen Produkten zeichnen sie sich durch große Reinheit aus. Sie sind frei von unerwünschten Beimischungen anderer Enzyme, welche die Qualität des Käses mindern.
Genaue Zahlen über Marktanteile der verschiedenen Labenzyme in der Käseherstellung gibt es nicht. Schätzungen zufolge soll in den USA und in Großbritannien Käse zu einem großen Teil (80 bis 90 Prozent) mit gentechnisch gewonnenem Chymosin erzeugt werden. Es ist davon auszugehen, dass solche Chymosin-Präparate auch bei zahlreichen Käseprodukten zum Einsatz kommen, die in Deutschland und der EU auf dem Markt sind.
In Deutschland setzen inzwischen viele Hersteller mikrobielles Lab ein, das auf optimierte, speziell für diesen Zweck „gezüchtete“ Mikroorganismen zurückgeht, die jedoch nicht als GVO im Sinne der aktuellen gesetzlichen Definition eingestuft werden. Auch durch immer leistungsfähigere molekularbiologische Techniken hat sich die Qualität von solchem mikrobiellem Lab in den letzten Jahren deutlich verbessert.
Zulassung: In der EU müssen Chymosin-Präparate wie alle Enzyme ein Zulassungsverfahren durchlaufen, in dem auch Fragen der Sicherheit und der gesundheitlichen Unbedenklichkeit geprüft werden. Dabei wird das jeweilige Herstellungsverfahren berücksichtigt. Alle zugelassenen bzw. zertifizierten Enzyme werden in eine gemeinschaftliche Unionsliste eingetragen. Dieser Prozess ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Für fünf gentechnisch hergestellte Chymosin-Präparate – alle schön länger aus dem Markt – liegen Anträge vor, in diese Liste aufgenommen zu werden.
Kennzeichnung: In der Regel gelten Enzyme lebensmittelrechtlich nicht als Zutat, sondern als Verarbeitungshilfsstoffe, die nicht nicht auf der Zutatenliste aufgeführt werden. Allerdings ist es strittig, ob das auch auf Chymosin zutrifft oder ob dieses Enzym wegen seiner technologischen Funktion bei der Milchgerinnung nicht eher als Zusatzstoff anzusehen ist. Auch ohne eindeutige rechtliche Verpflichtung deklarieren viele Hersteller „mikrobielles Lab“ als Zutat auf ihren Käseprodukten.
Die Angabe mikrobielles Lab in der Zutatenliste von Käse oder Quark besagt, dass kein Lab aus Kälbermagen verwendet wurde, sondern Lab, welches mit Hilfe von Mikroorganismen hergestellt wurde. Dabei wird nicht unterschieden, ob es sich dabei um Mikroorganismen handelt, die mit herkömmlicher Gentechnik verändert oder um solche, die mit neuen molekularbiologischen Verfahren so „umprogrammiert“ wurden, dass sie Labenzym in der für die Käseherstellung erforderlichen Qualität produzieren (Präzisionsfermentation).
Grundsätzlich ist die Herstellungsweise von Enzymen - wie auch die von Zusatzstoffen - kein Kennzeichnungstatbestand. Daher müssen auch mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen erzeugte Enzyme nicht besonders gekennzeichnet werden.
Bei Käse oder Quark, die mit dem „ohne Gentechnik“-Label versehen sind, ist ebenso wie bei Bio-Produktenzwar der Einsatz von Lab, das mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen gewonnen wurde, nicht erlaubt. Doch für mit anderen modernen molekularbiologischen Verfahren erzeugtes mikrobielles Lab gilt dieses Verbot nicht.