Dürre-Folgen und Soja-Deal: Mehr Gentechnik im Tierfutter
(27.08.2018) Wegen der extremen Trockenheit fahren die Landwirte in Deutschland erheblich weniger Futtermittel ein. Allein bei Rapsschrot, dem inzwischen wichtigsten Eiweißfuttermittel, ging die Ernte um mehr als 20 Prozent zurück. Mehr Sojaimporte aus den USA sollen nun die Futtermittelknappheit in Europa lindern. Sie sind so billig wie noch nie, weil China im Handelskrieg mit Donald Trump keine Sojabohnen aus den USA mehr ins Land lässt. Doch was von dort kommt, ist durchweg gentechnisch verändert.
Einbruch bei Rapsschrot. 2018 sind die Rapserträge in Deutschland deutlich gesunken. Schon seit ein paar Jahren gehen sie zurück, trotz einer fast unveränderten Anbaufläche. Inzwischen ist Rapsschrot das wichtigste Eiweißfuttermittel in Deutschland. 2017 lag der Verbrauch erstmals vor dem von Sojaschrot (4,3 / 3,7 Mio t.)
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Großes Foto oben: US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nach Abschluss der Verhandlungen über Handelsfragen am 25. Juli 2018 in Washington
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So schlecht wie in diesem Jahr war die Rapsernte in Deutschland seit Jahrzehnten nicht. Um 1,1 Millionen Tonnen (23 Prozent) brach sie gegenüber 2017 ein. Seit 2014 ging sie sogar um 40 Prozent zurück. Nicht allein die in diesem Jahr besonders lange Trockenperiode ist die Ursache dafür. Einige Schädlinge wie der Rapserdfloh und die Kleine Kohlfliege können nicht mehr in Schach gehalten werden, da gegen sie gerichtete Wirkstoffe verboten und neue noch nicht zugelassen sind.
Dabei profitiert Raps von der wachsenden Nachfrage nach heimischen und damit „gentechnik-freien“ Futtermitteln. Vor allem Rinderhalter stellten von Soja auf Raps um und erfüllten damit die Vorgaben vieler Molkereien und der großen Handelsketten, die ihre Milchprodukte mit dem „ohne Gentechnik“-Label auszeichnen wollen. 2017 überholte Rapsschrot erstmals Sojaschrot als das in Deutschland meist verwendete Eiweißfuttermittel. Sojabohnen und -schrot werden überwiegend aus Nord- und Südamerika eingeführt. Die dort angebauten Sorten sind bis auf einige Regionen in Brasilien durchweg gentechnisch verändert.
Mit der Dürre sind nicht nur die Erntemengen bei Rapsschrot gesunken, auch andere heimische Futtermittel sind betroffen. Auf den ausgetrockneten Wiesen im Norden und Osten Deutschlands konnten die Landwirte Heu und Grünfutter nur ein Mal schneiden, nicht drei Mal wie sonst. Auf vielen Feldern ist der Mais verdorrt und allenfalls eine verfrühte Noternte mit drastischen Ertragseinbußen möglich. In einigen Betrieben in Mecklenburg-Vorpommern konnten nur 20 Prozent der sonst üblichen Maissilage eingelagert werden.
Heimisches Futter wird knapp – und teuer. Schon jetzt sind die Preise deutlich gestiegen. Wenn die Vorräte aufgebraucht sind, könnte es für viele Betriebe dramatisch werden.
Doch anders als in Deutschland gibt es auf den internationalen Märkten ein Überangebot und sinkende Preise für Sojabohnen – und das hat mit den Handelskriegen zu tun, die US-Präsident Trump angezettelt hat. Die Antwort Chinas auf die im Frühjahr angekündigten amerikanischen Zollschranken kam prompt und sie war schmerzhaft: Soja-Einfuhren aus den USA wurden mit Extra-Zöllen von 25 Prozent belegt. Bis dahin war China der mit Abstand größte Soja-Importeur der Welt, zwei Drittel aller Soja-Exporte gingen ins Land der Mitte, vor allem um damit die 700 Millionen Schweine zu füttern und die wachsende Nachfrage nach Fleisch zu befriedigen.
Für die amerikanischen Sojafarmer war China der wichtigste Absatzmarkt, die Hälfte ihrer Sojaernte landete dort. Damit ist es nun vorbei. China stornierte viele Bestellungen, beladene Schiffe wurden wieder zurückgeschickt. Statt Soja verwenden Chinas Bauern nun andere Eiweißfuttermittel, etwa Baumwollsaat oder Tiermehl. Zudem gab die Regierung ihre strategischen Reserven frei.
Der plötzliche Einbruch in China ist gerade in den landwirtschaftlich geprägten US-Bundesstaaten des mittleren Westens eine Katastrophe. Im Herbst werden die Farmer die höchste Sojaernte aller Zeiten einfahren – und bleiben auf ihr sitzen. Schon jetzt sind die Preise für Sojabohnen um 20 Prozent gefallen, so tief wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr. Gerade in seinem politischen Kernland richtet Trumps Handelskrieg großen wirtschaftlichen Schaden an.
Ausgerechnet die EU will jetzt den Sojafarmern dort aus der Klemme helfen. Um amerikanische Zölle auf europäische Importe vorerst abzuwenden, verständigten sich Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Donald Trump Ende Juli auf einen Deal: Danach will die EU „ab sofort“ mehr Soja aus den USA importieren. Ein Vorteil für beide Seiten: Die Amerikaner werden ihre Überschüsse los und die europäischen Importeure und Konsumenten profitieren von den niedrigen Preisen für US-Soja, den derzeit „wettbewerbsfähigsten auf dem Markt“, wie die EU-Kommission erklärte. Schon im Juli stiegen die Sojaeinfuhren aus den USA kräftig an, um 283 Prozent gegenüber dem gleichen Vorjahresmonat. Der US-Anteil an den europäischen Sojaimporten sprang von 9 auf 37 Prozent.
In den USA werden jedoch nahezu ausschließlich (94 Prozent) gentechnisch veränderte Sojabohnen angebaut. Anders als in Brasilien ist ein Vertragsanbau mit konventionellen Sorten nicht üblich. Zudem ziehen dort wegen der steigenden Nachfrage aus China die Preise an.
Europa stopft also mit billigen und im Überfluss vorhandenen gentechnisch veränderten US-Sojabohnen die Engpässe bei konventionellen Futtermitteln.
Am selben Tag, als Juncker und Trump ihren Deal schlossen, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), Pflanzen mit neuen Züchtungsverfahren (Genome Editing) genauso zu regulieren wie gentechnisch veränderte. Ihr Anbau in der europäischen Landwirtschaft ist damit erst einmal ausgeschlossen. Für das Schweizer Tagblatt zeigt sich da „die Doppelmoral der Europäer“.
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