Weichwanze

Bt-Mais: Eine Weichwanze als Modellorganismus

Wissenschaftler der RWTH Aachen haben über viele Jahre untersucht, ob Bt-Mais sich schädlich auf das Maisökosystem auswirkt. Drei Anbauversuche im Freiland mit verschiedenen Bt-Maislinien ergaben bislang keinen Hinweis darauf, dass die Artenvielfalt und Häufigkeit einzelner Arten durch Bt-Mais nennenswert beeinflusst wird.

In einem Maisfeld leben viele verschiedene Insekten und Spinnen. Es gibt die „Pflanzenfresser“ wie z.B. Thripse, Zikaden oder Blattläuse und die „Beutegreifer“, auch „Räuber“ genannt, wie z.B. Spinnen, Florfliegen oder Laufkäfer. In einem Bt-Maisfeld kommen die Pflanzenfresser über pflanzliches Gewebe und den Pollen direkt mit Bt-Protein in Berührung, die Räuber indirekt über den Verzehr ihrer Beutetiere, die Pflanzenteile gefressen haben.

In der ersten Versuchsreihe mit Bt-Mais MON810 wurde in einigen Anbauparzellen ein Insektizid gespritzt. Diese Behandlung beeinträchtigte einzelne Insektengruppen deutlich. Bei den folgenden Anbauversuchen wurden verschiedene konventionelle Maissorten in den Versuch mit einbezogen und es stellte sich heraus, dass die unterschiedliche Nahrungsqualität der Maissorten wie auch die Witterungsbedingungen oder bestimmte Bodeneigenschaften die Insektengemeinschaft im Maisfeld viel stärker beeinflussen als die gentechnische Veränderung. Eine Insektenart war den Wissenschaftlern bei ihren Untersuchungen besonders aufgefallen: Die Reisblattwanze. Zu bestimmten Zeitpunkten im Jahr wurden in einer der auf dem Versuchsfeld angebauten konventionellen Maissorten sieben bis zehnmal so viele dieser Tiere gefunden als in der anderen. Und das in allen drei Anbaujahren. Alles deutete daraufhin, dass den Wanzen nicht jede Maissorte gleich gut bekommt. Ein Einfluss des Bt-Maises wurde hingegen nicht festgestellt.

In der nächsten Versuchsreihe avancierte die Reisblattwanze zum Modellorganismus. Sie war die dominierende Art in der Wanzengemeinschaft, die sehr häufig vorkam, was auch für die statistische Auswertung der Insektenfänge wichtig ist. Außerdem ist die Wanze, wissenschaftlich ausgedrückt, „exponiert“, d.h. sie nimmt viel des in Bt-Mais gebildeten Bt-Proteins auf, da sie das Zwischenblattgewebe der Maisblätter frisst. Bei der Auswertung des Versuchs zeigten sich wiederum Sortenunterschiede, aber kein Einfluss des gentechnisch veränderten Bt-Maises.

Im Labor wurde eine Zucht mit Reisblattwanzen aufgebaut und die Tiere mit Blattstücken von Bt-Mais und verschiedenen anderen Maissorten gefüttert. In einem Life-Cycle-Test wurden sie während ihres gesamten Lebenszyklus genau beobachtet und z.B. Schlupfrate, Entwicklungsdauer und Sterblichkeit festgehalten. Auch hier hatte Bt-Mais keinen Einfluss auf die Reisblattwanze, aber eine der konventionellen Sorten bekam den Larven nicht so gut wie die anderen Maissorten.

2007 wurden in einer so genannte Metastudie, die Ergebnisse aus verschiedenen Forschungsarbeiten zusammenfasst, festgestellt, dass im Vergleich mit einer Insektizid-Behandlung Insekten und Spinnen in Bt-Maisfeldern häufiger vorkommen. In konventionellen Maisfeldern ohne Insektizid-Behandlung kommen aber einzelne Insektenarten häufiger vor als in Bt-Maisfeldern, vor allem Hautflügler, also z.B. Schlupfwespen. Schlupfwespen parasitieren die Eier des Maiszünslers. Die geringere Häufigkeit in Bt-Maisfeldern könnte hier mit fehlenden Beutetieren zusammenhängen.