Cytoplasmatische männliche Sterilität (CMS)
Unfähigkeit von Pflanzen, fruchtbaren Pollen zu bilden. Wird in der Pflanzenzüchtung zur Entwicklung von Hybridsaatgut eingesetzt
Unter Cytoplasmatischer männlicher Sterilität (CMS) versteht man die Unfähigkeit von Pflanzen, befruchtungsfähigen Pollen zu bilden. Die Eigenschaft beruht auf Mutationen, die ausschließlich über die Mutter vererbt werden. Die mutierten Gene befinden sich nicht auf der DNA im Zellkern, sondern im Cytoplasma in den Mitochondrien.
CMS wird schon lange in der Hybridzüchtung eingesetzt. Um Hybridsaatgut zu entwickeln, muss verhindert werden, dass sich die eingesetzten Mutterpflanzen selbst befruchten. Durch die Verwendung von Mutterpflanzen mit CMS wird eine Selbstbefruchtung (Selbstung) ausgeschlossen. So wird garantiert, dass die Befruchtung durch den Pollen der Vaterpflanze erfolgt.
Bei einigen wenigen Pflanzen kommt CMS natürlich vor, etwa bei manchen Korbblütlern. Um die für CMS verantwortlichen Gene in solche Kulturpflanzen einzubringen, die keine natürliche CMS besitzen, kann man in einigen Fällen klassische Züchtungsmethoden einsetzen. Meist arbeitet man aber mit molekular- oder zellbiologischen Methoden wie Zellfusion oder Protoplastenfusion. Dabei ist es möglich, in Arten ohne natürlich vorkommende CMS diese Eigenschaft aus verwandten Arten einzuführen. Bei Chicorée beispielsweise, welcher keine natürliche CMS aufweist, nutzt man Sonnenblumensorten mit natürlicher CMS und bringt durch das Verschmelzen der Protoplasten die für CMS verantwortlichen Gene in die Chicorée-Zellen ein.
Wenn man möchte, dass die Nachkommen der CMS-Sorten (F1-Hybriden) wieder fruchtbaren Pollen bilden können, muss die väterliche Linie ein sogenanntes Restorergen besitzen. Dieses hebt die CMS wieder auf, so dass die Nachkommen wieder befruchtungsfähigen Pollen produzieren können. Dies ist wichtig bei Kulturpflanzen, deren Früchte und Samen man nutzen möchte, zum Beispiel bei Getreide und Raps. Würde man die CMS nicht aufheben, würde eine Samenbildung der F1-Generation verhindert. Bei Nutzpflanzen, deren Wurzeln und Blätter geerntet werden, z.B. bei Möhren, Kohl oder Chicorée, ist es nicht nötig, die CMS wieder aufzuheben. Ein erneutes Aussäen von selbst geerntetem Saatgut ist dann nicht möglich.
Pflanzen, die mit der CMS-Technologie entwickelt wurden, gelten nicht als gentechnisch veränderte Organismen, da sich das ausgetauschte genetische Material nicht in der Zellkern-DNA befindet, sondern im Cytoplasma.
CMS-Sorten sind im ökologischen Landbau zugelassen und werden dort auch eingesetzt.
Siehe auch
Hybridsorte DNA Protoplasten Mitochondrien Mutation Cytoplasma GVO (gentechnisch veränderter Organismus)