Video junge Pflanzenforscher

Keine Gentechnik? Was junge Pflanzenforscher dazu sagen

An vielen Unis und Instituten in Deutschland wird mit Pflanzen geforscht. Gentechnische Methoden sind dabei wie überall auf der Welt selbstverständlich. Doch in der Öffentlichkeit gilt Gentechnik oft als moralisch verwerflich. Politiker profilieren sich mit Verbotsforderungen. Wie fühlen sich da junge Wissenschaftler? Was und wozu forschen sie, was fasziniert sie an Pflanzen? – Fünf Köpfe, fünf Projekte, fünf Orte.

Caspar Langenbach

Dr. Caspar Langenbach von der RWTH Aachen, Institut für Biologie III (Pflanzenphysiologie) beschäftigt sich mit Strategien zur Bekämpfung des Sojabohnen-Rostes

Sojabohnenrost

Mit Sojabohnen-Rost befallene Pflanzen

„Manche der Strategien, die wir verfolgen, wären ohne Gentechnik nicht realisierbar.“

Sojabohnen-Rost ist eine Pflanzenkrankheit, die vor allem in Südamerika enorme Ertragsverluste im Sojabohnenanbau verursacht. Es gibt keine Sojasorten, die ausreichend resistent sind gegen Rost, so dass die Krankheit derzeit vor allem durch häufiges Spritzen von Fungiziden kontrolliert werden muss. Allerdings werden diese zunehmend unwirksam, da der Schaderreger Resistenzen gegen die Pflanzenschutzmittel entwickelt. Caspar Langenbach und sein Team setzen deshalb auf die Entwicklung neuer Sojasorten, die widerstandsfähig gegenüber dem Sojabohnen-Rost sind. Dabei machen Sie sich unter anderem die sogenannte Nichtwirt-Resistenz von Pflanzen zunutze. Die meisten Pflanzen sind nämlich in der freien Natur vor Schaderregern geschützt, die an andere Wirtspflanzen angepasst sind.

So ist zum Beispiel das Wildkraut Ackerschmalwand gegen den Rostbefall immun. Die Wissenschaftler versuchen nun, Abwehrkomponenten dieser besonders stabilen Resistenzform aus der Ackerschmalwand in die Sojabohne zu übertragen. Ein weiterer Ansatz beruht darauf, Abwehrmechanismen der Sojabohne zu reaktivieren, die im Laufe der Züchtung verloren gegangen sind.

Dorothee Wozny

Dorothee Wozny vom Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln sucht nach Genen, die die Langlebigkeit von Gerstensamen beeinflussen.

„Gentechnik ist ein Werkzeug unter vielen.“

Ein vorrangiges Ziel weltweit ist es, die genetische Vielfalt von Kulturpflanzen und deren wilden Verwandten zu bewahren. In zahlreichen Genbanken werden genetische Muster gesammelt und erhalten, der größte Teil als Samen, die in unterschiedlichen zeitlichen Abständen ausgepflanzt und vermehrt werden müssen. Für die Bewahrung genetischer Ressourcen ist es deshalb besonders wichtig, dass die Samen möglichst lange ihre Keimfähigkeit behalten. Dorothee Wozny vom Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln beschäftigt sich mit der Langlebigkeit von Gerstensamen.

Sie will herausfinden, welche Gene daran beteiligt sind und die Orte im Genom, sogenannte Quantitative Trait Loci (QTLs) bestimmen und dokumentieren, die für die Ausprägung dieses Merkmals eine Rolle spielen. Sie schafft damit Grundlagen für die Züchtung von Gerstensorten mit langlebigen Samen. Mit Hilfe gentechnischer Methoden kann dieses Merkmal dann auch auf andere Getreidearten übertragen werden.

Robin Pfeil

Robin Pfeil von der Leibniz Universität Hannover, Pflanzenbiotechnologie, will Wasserlinsen dazu bringen, pharmazeutische Wirkstoffe herzustellen.

Wasserlinse

Wasserlinsen auf Nährmedium

„Mein Wunsch wäre, dass die Leute offen dafür bleiben, was alles möglich ist mit dieser Technologie.“

Mit Hilfe gentechnischer Methoden können Pflanzen dafür eingesetzt werden, beliebige vor allem pharmazeutisch wirksame Inhaltsstoffe zu bilden. Solche Pflanzen werden auch Pharmapflanzen genannt. Robin Pfeil und seine Arbeitsgruppe an der Universität Hannover arbeiten mit der Wasserlinse Wolffia australiana. Diese Pflanze könnte sich sehr gut als Produktionsorganismus eignen, da sie einen hohen Proteingehalt hat und sich innerhalb von zwei Tagen verdoppeln kann, d.h. es ließen sich hohe Wirkstoffmengen erzielen. Wenn die Wasserlinse als Produktionssystem zuverlässig funktioniert, könnte sie Wirkstoffe für verschiedene Zwecke bilden, z.B. Ersatzstoffe für Antibiotika, in der Krebstherapie einsetzbare Substanzen, oder auch Proteine, die Schwermetalle binden können, für die Abwasserentgiftung.


Aline Koch

Dr. Aline Koch von der Justus-Liebig-Universität in Gießen, Institut für Phytopathologie und Angewandte Zoologie, arbeitet an einer neuen biotechnologischen Strategie für den Pflanzenschutz.

„Wir machen uns einen natürlichen Mechanismus der Pflanzen zunutze.“

Wissenschaftler der Justus-Liebig-Universität Gießen arbeiten an einer neuen biotechnologischen Strategie, um gezielt gegen Pflanzenschädlinge vorzugehen. Ihr Ziel ist eine umweltschonende Alternative zu herkömmlichen Pflanzenschutzmitteln. Sie machen sich einen natürlichen Mechanismus zunutze, mit dem Pflanzen auf Umweltveränderungen reagieren oder auch Krankheitserreger abwehren. Dieser Mechanismus nennt sich RNA-Interferenz.

Die Pflanzen bilden dabei kurze RNA-Fragmente, mit denen sie die Gene etwa von eindringenden Viren blockieren können und sich so vor ihnen schützen. Dem Team von Aline Koch ist es gelungen, Pflanzen herzustellen, die ein RNA-Fragment bilden, das drei Gene des Getreidepilzes Fusarium graminearum blockiert und ihn damit unschädlich macht. Der Pilz ist einer der bedeutendsten Schädlinge in der Landwirtschaft. Er sorgt nicht nur für erhebliche Ernteverluste, sondern bildet darüber hinaus Pilzgifte sogenannte Mykotoxine, welche für Menschen und Tiere hochgiftig sind. Bei Ackerschmalwand und Gerste konnte mit der RNAi-Technologie bereits eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen den Pilz erreicht werden.

Tobias Brügmann

Tobias Brügmann vom Thünen-Institut für Forstgenetik in Großhansdorf erforscht Möglichkeiten, die Biomasse von Pappeln zu steigern.

„Es wäre toll, wenn man diese Pflanzen auch ins Freiland bringen könnte.“

Tobias Brügmann vom Thünen-Institut für Forstgenetik in Großhansdorf arbeitet für das Projekt „PopMass“. Ein Ziel des Projektes ist es, Pappeln zu entwickeln, die mehr Holz bilden. Denn die schnell wachsende Pappel eignet sich gut als nachwachsender Energielieferant. Bäume haben den Vorteil, dass sie auf Böden angepflanzt werden können, die für Nahrungs- bzw. Futterpflanzen wie Mais oder Raps nicht infrage kommen und von daher nicht mit Nahrungsmitteln konkurrieren.

Tobias Brügmann und seine Arbeitsgruppe versuchen, geeignete Kandidaten-Gene zu finden, die eine Steigerung der Biomasse bewirken könnten. So haben sie in der Modellpflanze Ackerschmalwand zwei Blütengene gefunden, die offenbar einen Einfluss auf die Holzbildung haben. Denn wenn man sie ausschaltet, bildet die Pflanze Holz. Auch Pappeln besitzen diese Gene. In Gewächshausversuchen wurden zunächst Pappeln getestet, in denen die Aktivität der beiden Blütengene gesteigert wurde. Die Holzbildung verlangsamte sich deutlich. In weiteren Versuchen soll sich zeigen, ob ein Ausschalten der Gene umgekehrt die Biomasse auch bei der Pappel steigern kann.