Smart Breeding: Präzisionszüchtung mit Markern
Pflanzenzüchter brauchen viel Geduld. Bis in die 1990er Jahre mussten sie nach jedem Kreuzungsschritt abwarten, bis die Nachkommen herangewachsen waren. Erst dann konnte man deren Eigenschaften beurteilen und erneut auslesen. Ähnlich ist es bei der Mutationszüchtung. Das machte den Züchtungsprozess zeitaufwändig. Mit Hilfe neuerer Erkenntnisse und Verfahren aus der Molekularbiologie lässt er sich deutlich beschleunigen.
Erfolgreiche Smart breeding-Projekte: Überschwemmungs-toleranter Reis (großes Foto oben), trockentoleranter Mais (WEMA), Weizen mit Resistenz gegen Fusarien, russischer Löwenzahn als Rohstoffquelle für Kautschuk.
Fotos: IRRI/Gene Hettel, Anne Wangalachi/CIMMYT, Archiv i-bio
Smart Breeding (Selection with Markers and Advanced Reproductive Technologies)
(1) Pflanzen mit der gewünschten Eigenschaft finden (Gene müssen innerhalb des Genpools der jeweiligen Art vorhanden sein).
(2) Molelukare Marker für die gewünschte Eigenschaften identifizieren.
(3) Kreuzungszüchtung: Nachkommen untersuchen, ob die Marker vorhanden sind.
(4) Mit diesen Pflanzen weiterzüchten.
Smart Breeding wird allgemein als herkömmliche Züchtung angesehen. Besondere gesetzliche Vorschriften gibt es nicht.
In der klassischen Züchtung muss man vor jedem neuen Ausleseschritt eine große Anzahl von Pflanzen aussäen, eine ganze Vegetationsperiode abwarten, bis sie herangewachsen sind, und schließlich alle untersuchen. Die moderne Molekularbiologie ermöglicht es den Züchtern dagegen, bereits bei einem Keimling festzustellen, ob bestimmte gewünschte Eigenschaften vorhanden sind.
Die Züchter können nach Mutationen in bekannten Genen suchen, von denen man weiß oder annimmt, dass sie bei der Ausprägung bestimmter Eigenschaften eine Rolle spielen. Häufig hat man es jedoch mit Eigenschaften zu tun, die zwar offensichtlich vererbt werden, bei denen jedoch nicht genau bekannt ist, welche und wie viele Gene beteiligt sind.
In diesem Fall bedient man sich sogenannter molekularer Marker: Sie „markieren“ die gewünschte Eigenschaft, etwa eine erhöhte Toleranz gegenüber Trockenheit oder eine bessere Widerstandsfähigkeit gegen eine Pilzkrankheit.
Um solche molekularen Marker zu identifizieren, muss man zunächst einzelne Pflanzen finden - das können zufällige Mutationen sein, oft auch regionale Landsorten oder wilde Verwandte -, welche die gewünschte Eigenschaft „von Natur aus“ besitzen. Dann sucht man in diesen Pflanzen-Individuen nach bestimmten charakteristischen DNA-Abschnitten, die zusammen mit den gewünschten Eigenschaften auftreten. Wenn bei Pflanzen mit einer bestimmten, gewünschten Eigenschaft immer der gleiche Marker anzutreffen ist, kann man davon ausgehen, dass sich in der Nähe des Markers ein Gen befindet, das diese Eigenschaft entscheidend beeinflusst.
Solche Marker codieren nicht für ein Protein, sind also selbst keine Gene, sondern molekulare Indikatoren dafür, dass die für die gewünschte Eigenschaft benötigten Gene in einer bestimmten Pflanze mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhanden sind.
Mit molekularen Markern ist es möglich, Gene im Züchtungsgang zu verfolgen, auch wenn die Gensequenz nicht bekannt ist. Für den weiteren Züchtungsprozess werden dann die Pflanzen ausgewählt, in denen der Marker nachgewiesen werden konnte. Viele Merkmale werden von mehreren Genen beeinflusst, so dass man mehrere Marker untersuchen muss.
Smart breeding ist in der Pflanzenzüchtung inzwischen weit verbreitet. So ist es beispielsweise in den letzten Jahren gelungen, mitteleuropäischen Weizen gegen Fusarien resistent zu machen. Diese Pilze befallen die Getreidekörner und produzieren Substanzen, die für den Menschen giftig sind. Eine Weizensorte aus China ist gegen Fusarien resistent, sie ist jedoch nicht an die europäischen Wachstumsbedingungen angepasst und hat einige unerwünschte Eigenschaften wie geringe Erträge. Mit Hilfe molekularer Marker war es möglich, ganz gezielt nur die Fusarienresistenz in den europäischen Weizen einzukreuzen.
Reissorten, die widerstandsfähiger sind gegen Überschwemmungen, Trockenheit und Versalzung, virusresistente Gerste sowie Zuckerrüben mit einer Resistenz gegen Nematoden sind weitere Nutzpflanzensorten, die auf diese Weise gezüchtet wurden.
Themen
Sub1-Reis. In Teilen Asiens kommt es durch Überschwemmungen regelmäßig zu großen Ernteverlusten bei Reis - ein Problem, das sich im Zuge des Klimawandels noch verschärfen könnte. Am Internationalen Reisforschungsinstitut ist es gelungen, Reissorten zu züchten, die längere Überschwemmungen überstehen. Der sub1-Reis ist nicht gentechnisch verändert, wurde aber mit neuen genetischen Züchtungsmethoden (Smart breeding) entwickelt.