„Gen-Mais“-Pollen im Honig: Bald wieder erlaubt?
(27.03.2013) Das EU-Zulassungsverfahren für Pollen aus gentechnisch verändertem MON810-Mais steht vor dem Abschluss. Damit wäre dieser Pollen im Honig grundsätzlich erlaubt und bei der derzeitigen unklaren Gesetzeslage in der Regel noch nicht einmal kennzeichnungspflichtig. Vor allem die deutschen Imker sind beunruhigt, hatten sie doch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes erwirkt, das MON810-Pollen im Honig für unzulässig erklärte. Grüne und SPD haben im Bundestag einen Antrag für eine „klare Kennzeichnung“ eingebracht. Aber die lebensmittelrechtliche Lage ist gerade für Pollen im Honig mehr als verzwickt.
Pollen aus gentechnisch verändertem Bt-Mais MON810 im Honig könnte demnächst in der EU zugelassen sein. Allerdings ist in mehreren europäischen Ländern, darunter Deutschland, der Anbau von MON810 verboten. Das einzige EU-Land, das MON810 in nennenswertem Umfang anbaut, ist Spanien.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im September 2011 geurteilt, dass Honig, der Pollen aus gentechnisch veränderten (gv-) Pflanzen enthält, nur in Verkehr gebracht werden darf, wenn es dafür eine Zulassung gibt. Dies treffe für Honig mit Pollen aus gentechnisch verändertem Mais MON810 nicht zu. Damit sorgte das EuGH-Urteil erst einmal für Rechtssicherheit, da es zuvor in Deutschland widersprüchliche Urteile gegeben hatte. MON810 war 1998 noch nach altem Gentechnikrecht zugelassen worden. Bei der Überführung der Zulassung in neues Recht wurde versäumt, Pollen im Honig als Verwendungszweck mit einzubeziehen.
Diese Zulassungslücke könnte nun aber bald geschlossen werden. Die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) hat bereits grünes Licht gegeben. Nach Ihrer Auffassung ist Pollen aus MON810-Mais gesundheitlich unbedenklich und genau so sicher wie Pollen aus konventionellem Mais. Die Zulassung steht aber noch aus.
Vor diesem Hintergrund setzen sich Imkerverbände sowie auch die Grünen und die SPD dafür ein, die „Kennzeichnung von Honig mit Gentech-Pollen sicherzustellen“ und die „Imkerei vor GVO-Verunreinigungen“ zu schützen.
Die rechtliche Lage ist überaus verzwickt: Der EuGH hatte anders als bisher den Pollen als eine Honig-Zutat und nicht mehr als „produkttypische Verunreinigung“ eingestuft. Die Folge: Pollen gentechnisch veränderter Pflanzen im Honig sind eine „aus einem GVO hergestellte“ Zutat, für die die gleichen Kennzeichnungsvorschriften wie für andere Zutaten gelten: Übersteigt der Anteil des „Gen-Pollens“ am Gesamtpollen in einem Honig den Schwellenwert von 0,9 Prozent, dann muss die Zutat Pollen gekennzeichnet werden. Hier hatte das EuGH endlich für Klarheit gesorgt – allerdings mit Folgen für Imker und Honig. Denn wenn Pollen im Honig eine Zutat ist, dann gilt dies grundsätzlich für jeden Pollen. Der müsste dann in einer Zutatenliste aufgeführt werden. Aus Sicht der Imkerverbände war es deshalb wünschenswert, das EuGH-Urteil nur auf gv-Pollen zu beziehen.
Die Europäische Kommission sah das anders. Nach ihrer Ansicht war das Urteil so zu deuten, dass Pollen nun generell als Zutat einzustufen sei und nicht nur gv-Pollen. Um Rechtsklarheit zu schaffen, machte sie deshalb im September 2012 den Vorschlag, die Honigrichtlinie dahingehend zu präzisieren, Pollen wieder als natürlichen Bestandteil von Honig und nicht als Zutat zu definieren. Die Anwendbarkeit des Gentechnikrechts auf gv-Pollen in Honig sollte davon unberührt bleiben.
Die Imkerverbände sahen darin aber den Versuch, das EuGH-Urteil auszuhebeln. Wenn der Pollen keine Zutat mehr sei, so ihre Befürchtung, müssten Honige mit Pollen aus gentechnisch veränderten Pflanzen auch nicht mehr gekennzeichnet werden. Einerseits soll also Pollen in Bezug auf GVO eine Zutat bleiben, um die Kennzeichnungspflicht sicherzustellen. Die Einstufung als Zutat soll aber andererseits nicht zu einer generellen Deklarationspflicht führen. Da hätten die Imker gerne eine Ausnahmeregelung, damit für Honig keine Zutatenliste nötig wird.
Unterstützung bekamen die Imker im November 2012 durch den Bundesrat. Auch die Fraktionen der Grünen und der SPD folgten dieser Argumentation mit einem Beschluss-Antrag an den Bundestag vom 19. März. Gefordert wird, den Kommissionsvorschlag abzulehnen und nach einer Lösung zu suchen, die eine „allgemeine Deklarationspflicht für Pollen als Zutat im Honig vermeidet, ohne die Kennzeichnungspflicht für gv-Pollen zu gefährden.“
Dabei geht es Imkern und ihren Unterstützern aus der Politik offenbar darum, „GVO-Verunreinigungen“ generell zu vermeiden. Im Beschlussantrag werden deshalb weitere Hürden für den GVO-Anbau gefordert. So sollen die Bundesländer ermächtigt werden, größere Mindestabstände festlegen zu können, um insbesondere ökologisch bzw. „ohne Gentechnik“ wirtschaftende Betriebe zu schützen. Imker und gentechnikfreie Wirtschaft sollen von Analysekosten und Aufwand zum Schutz vor „GVO-Verunreinigungen“ entlastet werden.