Gentechnik bei Obst und Gemüse: Viel Forschung, kaum Zulassungen

(20.10.2010) Weltweit wird an zahlreichen Obst- und Gemüsepflanzen gentechnisch geforscht. Viele so entwickelte Pflanzen mit neuen Merkmalen wurden in Gewächshaus- und Freilandversuchen erfolgreich getestet. Dennoch gibt es derzeit wenig Bestrebungen, solche Obst- und Gemüsesorten kommerziell zu nutzen. Das geht aus einer Studie hervor, die in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Nature Biotechnology veröffentlicht wurde.

Sonnenblume

Zum Beispiel Sonnenblumen: An 77 Obst-, Gemüse und anderen Spezialarten wurden zwischen 2003 und 2008 gentechnisch Forschungsprojekte durchgeführt.

Bisher beschränkt sich die kommerzielle Nutzung von Pflanzen mit gentechnisch übertragenen neuen Merkmalen weltweit auf Soja, Mais, Raps, Baumwolle und seit vier Jahren auch Zuckerrüben.

Bei anderen Kulturarten - Obst, Gemüse, Nüsse, Blumen - sind gentechnisch veränderte Varianten bisher nicht auf dem Markt. Ausnahmen sind virusresistente Papayas, die seit Jahren auf Hawaii angebaut werden und inzwischen auf neunzig Prozent der dortigen Flächen stehen, gv-Squash(ähnlich Zucchini), in den USA nur regional genutzt, sowie gv-Nelken.

Obst, Gemüse und andere „Spezialarten“ haben zwar eine große Bedeutung für die Landwirtschaft. Dennoch spielen neue, mit gentechnischen Verfahren veränderte Sorten bisher keine Rolle. Warum das so ist, haben Jamie Miller und Kent Bradford, zwei Wissenschaftler der University of California (Davis, USA) in einer Studie untersucht. Dazu haben sie für einen Zeitraum von fast sechs Jahren (Januar 2003 bis Oktober 2008) Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Zeitschriften sowie Freisetzungsversuche mit gv-Pflanzen in 24 Ländern ausgewertet.

Weltweit wurden 313 Publikationen zu Forschungsprojekten an Obst-, Gemüse und anderen Pflanzenarten erfasst. In den meisten Fällen, so Miller und Bradford, wurde gezeigt, dass der jeweilige Ansatz, ein neues Merkmal zu übertragen, prinzipiell funktioniert. Neben den USA sind in der von ihnen zusammengestellten Liste von Veröffentlichungen auch Arbeitsgruppen aus Europa, Indien, Japan, China, Brasilien, Südkorea, Israel, Tunesien und vielen weiteren Ländern zu finden. Allein in den USA wurden im untersuchten Zeitraum über achthundert Freisetzungsversuche mit solchen Pflanzen durchgeführt.

Die „gentechnische Pflanzenforschung“, so die Studie, hat sich mit 77 „Spezialarten“ beschäftigt und 206 verschiedene Einzel-Merkmale übertragen. Dabei überwiegen anbaubezogene Merkmale (input traits), etwa Resistenzen gegen Pflanzenkrankheiten oder Schädlinge, aber auch eine verbesserte Toleranz gegenüber Trockenheit, Salz oder Hitzestress. Zunehmend zielen Forschungsprojekte auf veränderte Produkteigenschaften (output traits), bei denen es um die Nährstoffzusammensetzung der Pflanzen oder Anreicherung mit gesundheitsfördernden Stoffen geht.

Diese vielfältige und „erfolgreiche“ Forschung führt jedoch nicht zu kommerziellen Anwendungen. Den „Flaschenhals“ bilden laut Miller und Bradford die Zulassungsverfahren, die weltweit alle gv-Pflanzen durchlaufen müssen und die in den letzen Jahren aufwändiger und anspruchsvoller geworden sind. Zulassungen für gv-Obst- oder Gemüsesorten - etwa Tomaten - liegen meist mehr als zehn Jahre zurück, neue Anträge sind nicht gestellt.

Aus Sicht der Unternehmen sind neue gv-Varianten bei Obst- oder Gemüsearten wirtschaftlich kaum attraktiv. Zu den Ausgaben für die Forschung addieren sich bei gv-Pflanzen - anders als bei mit anderen Methoden erzeugten Neuzüchtungen - die hohen Kosten für die Zulassung. Miller und Bradford geben diese mit ein bis 15 Millionen Dollar für jede neue gv-Pflanze (Event) an. Hinzu kommt, dass die Märkte für diese Pflanzenarten in der Regel deutlich kleiner sind als bei Ackerfrüchten wie Mais oder Soja.

Ein zusätzliches Risiko für die Unternehmen ist die schwer einschätzbare Verbraucherakzeptanz für Lebensmittel aus gv-Pflanzen. In einigen Regionen ist deren Ablehnung stark ausgeprägt. Insgesamt gibt es kaum verlässliche Erfahrungen, wie die Konsumenten auf gv-Obst- und Gemüsesorten reagieren.

Nach Meinung der beiden kalifornischen Wissenschaftler wird eine Markteinführung solcher Sorten wirtschaftlich riskant bleiben, solange nicht auch ihre möglichen Vorteile bei der Zulassung stärker berücksichtigt werden.