Der Fall Pusztai: Zweifel an der Sicherheit von gv-Lebensmitteln
Anfangs war es Laborroutine. Um die Sicherheit eines neuen Typs gentechnisch veränderter Kartoffeln zu testen, machte Prof. Arpad Pusztai das, was in solchen Fällen üblich ist: Er verfütterte sie an Ratten. Seine Beobachtungen beunruhigten ihn und Pusztai wandte sich in einem Fernsehinterview an die britische Öffentlichkeit. Damit löste er eine Lawine aus.
Im Frühjahr 1999 entfachte Pusztai eine breite Diskussion aus, die nicht nur innerhalb der Wissenschaft geführt wurde, sondern auch die breite Öffentlichkeit erfasste. Pusztai brachte die diffusen Zweifel an der Sicherheit gentechnisch veränderter Lebensmittel auf die große politische Bühne: Seine Fütterungsversuche gaben den letzten Anstoß, in der EU vorerst keine gv-Pflanzen mehr zu genehmigen.
Prof. Arpad Pusztai warnte die Öffentlichkeit vor GVO-Lebensmitteln. Viele Wissenschaftler kritisierten die Versuche, auf die er sich berief. Man warf Puszati vor, seine Warnungen seinen wissenschaftlich unbegründet. Pusztai wurde von dem Institut, für das er arbeitete, entlassen.
Damals war die BSE-Krise auf ihrem Höhepunkt. Die Konsumenten reagierten sensibel auf alles, was die Sicherheit der Lebensmittel erneut in Frage zu stellen schien. Was Pusztai über sein konkretes Forschungsprojekt sagte, wurde zu einer Generalanklage gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel insgesamt: Ihre Sicherheit sei nicht ausreichend überprüft - auch jene nicht, die damals bereits zugelassen waren. Und als Pusztai auch noch von einem Institut entlassen wurden, erhielten die Verdächtigungen neue Nahrung.
Nicht nur die Öffentlichkeit war irritiert, auch in der Wissenschaft setzte eine erbitterte Diskussion ein. Hatte Pusztai seinen Versuch korrekt ausgewertet, hatte er überhaupt die richtigen Schlussfolgerungen gezogen? Hätte er sich nicht erst der wissenschaftlichen Auseinandersetzung stellen sollen, bevor er vor die Fernsehkamera trat?
Es ist zwar einige Jahre her, dass Pusztais Kartoffeln Schlagzeilen machten. Dennoch: Der Fall hat eine Reihe von Fragen aufgeworfen, die für die Sicherheitsbewertung gentechnisch veränderter Lebensmittel von grundsätzlicher Bedeutung sind.
Der Auftrag. Lektin, ein Wirkstoff aus Schneeglöckchen, soll Kartoffeln widerstandsfähig gegen Schädlinge machen. Pusztai sollte untersuchen, ob diese Lektine für die menschliche Gesundheit unschädlich sind.
Der Befund. Die mit GVO-Kartoffeln gefütterten Ratten seien weniger gesund als die übrigen Versuchstiere. Mit dieser Aussage alarmierte Pusztai die Öffentlichkeit. Doch was er tatsächlich gefunden hatte, blieb widersprüchlich.
Der Streit. Pusztai brachte ein wissenschaftliches Thema auf die große öffentliche Bühne. Es gab vehemente Attacken seiner Kollegen, aber auch Wissenschaftler, die seine Besorgnis teilten. Zunächst ging es um Pusztais Versuchsdurchführung und mögliche Fehler, die er gemacht hatte. Die entscheidende Frage war jedoch, ob es plausible Erklärungen für seine Befunde gab. Pusztai glaubte, eine generelle Sicherheitslücke transgener Pflanzen gefunden zu haben. Andere, naheliegende Ursachen übersah er jedoch.
Die Forderungen. Nach Pusztai wurde vielfach gefordert, strenge Fütterungsstudien nach seinem Vorbild gesetzlich vorzuschreiben. Ohne sie sollten gentechnisch veränderte Pflanzen keine Zulassung erhalten.