Erprobungsanbau mit Bt-Mais in sieben Bundesländern.
In Deutschland hat der Erprobungsanbau mit gentechnisch verändertem Mais begonnen. Auf etwa 300 Hektar wurde im Frühjahr 2004 Bt-Mais ausgesät. Dreißig landwirtschaftliche Betriebe und Einrichtungen in Sachsen-Anhalt, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Thüringen, Sachsen und Baden-Württemberg sind beteiligt. In einem wissenschaftlichen Begleitprogramm wird der Polleneintrag in angrenzenden konventionellen Maisfeldern gemessen. Aus den unter Praxisbedingungen gewonnenen Daten sollen Regeln für eine Koexistenz von Maisanbau mit und ohne Gentechnik entwickelt werden.
Auf 0,02 Prozent der Maisanbauflächen in Deutschland, steht in diesem Jahr gv-Mais. Er produziert einen Wirkstoff (Bt-Protein) gegen die Raupen des Maisszünslers. Der Schädling ist vor allem am Oberrhein, in Süddeutschland und im Oderbruch aktiv und breitet sich zunehmend nach Norden aus. Inzwischen ist etwa ein Viertel der deutschen Maisflächen betroffen.
Der nun ausgesäte Bt-Mais (MON810) ist seit 1998 in der EU für den Anbau uneingeschränkt zugelassen. Noch nicht vollständig abgeschlossen ist die sortenrechtliche Zulassung der sechs Maissorten, die alle aus MON810 hervorgegangen sind.
Jedoch hat das Bundessortenamt für 2004 eine beschränkte Vermarktung von fünf Tonnen Saatgut je Sorte erlaubt. Die Unternehmen Monsanto, Pioneer und KWS Saat AG stellen den Landwirten das Saatgut zur Verfügung.
Der im Rahmen des Erprobungsanbaus geerntete Mais wird meist an die hofeigenen Tiere verfüttert oder als Silomais eingelagert. Die Futtermittel werden nach den neuen EU-Rechtsvorschriften gekennzeichnet.
Auf der gleichen Rechtsgrundlage wird seit 1998 in Deutschland Bt-Mais jährlich auf etwa 500 Hektar angebaut.
Koexistenz im Praxistest
Ziel des Erprobungsanbaus ist es, effiziente Maßnahmen zu entwickeln, die eine Koexistenz der verschiedenen Anbausysteme auf Dauer gewährleisten. Deshalb wird untersucht, wie weit Maispollen fliegt und wie hoch GVO-Einträge in konventionellen Maisfeldern sind. Die Daten werden unter verschiedenen Bedingungen - Feld- und Betriebsgröße, Klima, Oberflächenform - erhoben.
Auf ihrer Grundlage sollen effiziente Anbauempfehlungen ausgearbeitet werden, um Polleneinträge auf Nachbarfeldern zu minimieren. Die Erfahrungen des Erprobungsanbaus sollen in die geplante Verordnung zur „guten fachlichen Praxis“ einfließen. Natürlich soll auch überprüft werden, ob das Bt-Konzept im landwirtschaftlichen Alltag wirksam ist und einen Schutz gegen Maiszünsler-Schäden bietet.
Die wissenschaftliche Begleitforschung zum Erprobungsanbau wird vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (BMBF) gefördert.
Haftung für Auskreuzungs-Folgen
Im Vorfeld des Erprobungsanbaus war vor allem die Haftung ein Streitpunkt. Sollte es auf benachbarten konventionellen Maisfeldern zu GVO-Einkreuzungen kommen, haftet der Bt-Mais-Landwirt für die dadurch verursachten wirtschaftlichen Schäden. Der Deutsche Bauernverband hatte seinen Mitgliedern abgeraten, sich am Erprobungsanbau zu beteiligen, da sie gegen Schadensersatzforderungen konventionell wirtschaftender Nachbarn nicht abgesichert seien.
Zumindest in Sachsen-Anhalt können die teilnehmenden Betriebe mit Ausgleichszahlungen aus einem von der Landesregierung eingerichteten Fond rechnen. Aus ihm werden wirtschaftliche Schäden infolge von GVO-Einträgen oder Zerstörungen der Versuchsflächen durch Gentechnik-Gegner beglichen.
Standorte nicht bekannt
Mit insgesamt vier Versuchsfeldern beteiligen sich die Landesanstalten für Landwirtschaft in Bayern und Sachsen-Anhalt an dem Projekt. Weder die übrigen Standorte, noch Namen der Betriebe sind bisher öffentlich bekannt gegeben worden. Dies geschehe ausschließlich zum Schutz der beteiligten Landwirte und der wissenschaftlichen Untersuchungen, so ein Sprecher. Man befürchtet, Gentechnik-Gegner könnten die Felder zerstören. Noch kurz vor dem Start des Erprobungsanbaus war in Sachsen-Anhalt ein Versuchsfeld mit gv-Weizen verwüstet worden.
Dagegen fordern konventionell und ökologisch arbeitende Landwirte, die ohne Gentechnik wirtschaften wollen, die genauen Standorte des Erprobungsanbaus öffentlich zugänglich zu machen. Ohne die genaue Kenntnis der Bt-Mais-Flächen sei es nicht möglich, die eigenen Felder vor GVO-Pollen oder Beimischungen zu schützen.
Sie berufen sich auf die Freisetzungs-Richtlinie der EU, welche die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, ein öffentlich zugängliches Register einzurichten, in dem die Anbaustandorte mit gv-Pflanzen verzeichnet sind. Obwohl die Frist seit fast zwei Jahren verstrichen ist, hat Deutschland diese Richtlinie noch nicht in nationales Recht umgesetzt. Dies soll mit dem neuen Gentechnik-Gesetz geschehen, das die Bundesregierung im Frühjahr an Bundestag und Bundesrat geleitet hat. Derzeit gibt es in Deutschland weder ein Register, noch eine rechtlich eindeutige Verpflichtung, mit gv-Pflanzen bewirtschaftete Felder amtlich zu melden.
Bei der Planung des Erprobungsanbaus hat man darauf geachtet, dass in unmittelbarer Nachbarschaft eines Bt-Feldes kein konventioneller Maisanbau stattfindet. Alle Felder mit Bt-Mais liegen im inneren Bereich des jeweiligen Betriebes. Zwischen Bt- und konventionellen Feldern liegen mindestens 200 Meter, so dass dort keine nennenswerten GVO-Einkreuzungen zu erwarten sind. Studien aus Spanien deuten darauf hin, dass schon wenige Meter neben einem gv-Mais-Feld der Polleneintrag in konventionellem Mais nur noch gering ist und unterhalb des gesetzlich festgelegten Schwellenwertes von 0,9 Prozent bleibt.