Im Kliniktest: HIV-Medikament aus gentechnisch veränderten Pflanzen
(21.07.2011) Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts haben Tabakpflanzen entwickelt, die durch eine gentechnische Veränderung Antikörper gegen den HI-Virus bilden. Nun wird die Sicherheit des Medikaments an elf Probandinnen in Großbritannien geprüft. Es ist das erste Mal, dass ein monoklonaler Antikörper aus gentechnisch veränderten Pflanzen in Europa klinisch getestet werden darf.
Wissenschaftlern vom Fraunhofer Institut in Aachen ist es gelungen, einen HIV-Antikörper in Tabakpflanzen herzustellen.
Tabakpflanzen im Gewächshaus. Der Antikörper, den die Pflanzen bilden, darf nun - erstmalig in Europa - klinisch getestet werden. Fotos: Dirk Mahler/Fraunhofer
Biopharmazeutika spielen in der Medizin eine große Rolle. Die Eiweiße werden in der Regel mit Hilfe von Bakterien oder in tierischen Zellen gewonnen. Ein Forscherteam des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie IME in Aachen hat nun ein Gen für einen Antikörper gegen das HI-Virus (P2G12) in Tabakpflanzen eingeführt, die den Wirkstoff in kurzer Zeit in großen Mengen bilden. Solche Ansätze, Impfstoffe in gentechnisch veränderten Pflanzen herzustellen, werden weltweit verfolgt.
Die Produktion in Pflanzen wäre deutlich preiswerter und in großem Maßstab möglich, betonen die Fraunhofer Wissenschaftler in einer Pressemeldung. Die Pflanzen wachsen schnell und sind einfach zu pflegen. Sie werden in Gewächshäusern unter streng kontrollierten Bedingungen aufgezogen und sind dort auch vor äußeren Einflüssen geschützt.
Zudem hat das Forscherteam ein Verfahren entwickelt, mit dem möglichst viel Protein aus den geernteten Blättern isoliert werden kann. 250 Kilogramm Tabak liefern fünf Gramm aufgereinigten Antikörper.
Mit den Antikörpern könnte man beispielsweise ein Vaginal-Gel herstellen, mit dem sich Frauen vor einer HIV-Infektion schützen können.
Nun wird das Präparat an elf gesunden Frauen in Großbritannien getestet. Die klinische Studie soll Aufschluss darüber geben, ob die Antikörper sicher sind und keine Nebenwirkungen haben. Erste Resultate werden im Oktober erwartet. „Die Zustimmung durch die zuständige Genehmigungsbehörde MHRA (Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency) ist ein wichtiger Schritt hin zur Produktion von Pharmazeutika in Pflanzen“, erklärt Prof. Rainer Fischer, Leiter des Fraunhofer-Instituts in Aachen. Weitere Untersuchungen sollen folgen, um die Wirksamkeit des Arzneimittels zu bestätigen.
Die Forschungen wurden im Rahmen des EU-Projekts Pharma-Planta durchgeführt, das nun in die letzte Phase geht. Seit 2004 arbeiten dreißig Partner aus Universitäten und Industrie an Verfahren für die Produktion pharmazeutischer Proteine aus gentechnisch veränderten Pflanzen. Es soll gezeigt werden, dass die Herstellung funktioniert, die Eiweiße wirksam sind und den hohen Anforderungen entsprechen.