Lebensmittelindustrie zwischen Weltmarkt und Verbraucherwunsch

Gestern besetzten Greenpeace-Aktivisten das Dach der deutschen Nestlé-Zentrale in Frankfurt. Mit dieser Aktion wollten sie darauf aufmerksam machen, dass Nestlé bisher nicht dem Beispiel anderer europäischer Lebensmittelhersteller und -händler gefolgt ist und den vollständigen Verzicht auf Gentech-Zutaten erklärt hat. Noch immer ist der Erdnuss-Riegel „Butterfinger“ zu kaufen, eines der wenigen Produkte, dessen Etikett auf die Verwendung gentechnisch veränderter Zutaten hinweist.

Nach der Aktion erklärte Nestlé, auch künftig Produkte ohne Gentechnik herzustellen. Das Unternehmen räumte ein, dass die Verbraucher in Deutschland und anderen europäischen Ländern kritisch auf Gentechnik in Nahrungsmitteln reagierten. „Da unser Geschäftserfolg auf der Erfüllung von Verbraucherwünschen beruht, werden wir auch weiterhin Produkte ohne Zutaten aus gentechnisch veränderten Pflanzen herstellen.“

Butterfinger

Butterfinger: Korrekt gekennzeichnet, aber dennoch im Visier der Gentechnik-Kritiker.

Der Butterfinger bleibe solange im Angebot, wie er von den Verbrauchern gekauft werde. Der Erdnuss-Corneflakes-Schoko-Riegel wird direkt aus den USA importiert. Dort wird gentechnisch veränderter Mais großflächig angebaut. Mais, der nachweislich „gentechnikfrei“ ist, ist dort in größeren Mengen kaum erhältlich. Immerhin war der Butterfinger das erste Produkt in Deutschland, das nach den gesetzlichen Bestimmungen gekennzeichnet war.

Die aktuelle Erklärung von Nestlé spiegelt das Dilemma aller großer multinationalen Unternehmen in der Branche. Einerseits lehnen die Verbraucher mehrheitlich Gentech-Lebensmittel ab - wobei darunter fast ausschließlich Zutaten aus gentechnisch verändertem Mais und Soja verstanden werden. Den Konzernen bleibt kaum etwas anderes übrig, als diesen Wünschen zu folgen. Andererseits nehmen die Anbauflächen für Gen-Mais und Gen-Soja in Nord- und Südamerika so stark zu, dass es immer schwieriger wird, auf den Weltmärkten gentechnikfreie Rohstoffe in den erforderlichen Mengen zu kaufen. Hinzu kommt,dass Nestlé-International noch immer eine positive Grundeinstellung gegenüber der Gentechnik einnimmt.

Auch Unilever-Deutschland hat vor kurzem seine Position gegenüber der Gentechnik präzisiert. Schon vor zwei Jahren hat das Unternehmen erklärt, etwa bei der Margarineherstellung generell auf Sojaöl, das teilweise aus transgenen Rohstoffen bestehen kann, zu verzichten. Nun hat Unilever einen Kriterienkatalog vorgelegt, nach dem künftig gentechnisch veränderte pflanzliche Rohwaren überprüft werden sollen. Eine mögliche Verwendung wird u.a. von einer Umweltverträglichkeitsprüfung abhängig gemacht. Dazu will Unilever zusammen mit dem Hamburger Umweltinstitut EPEA geeignete Monitoring-Konzepte entwickeln.