Kennzeichnung: Jetzt wird es ernst
Am 3. September 1998 ist es endlich soweit: Von diesem Tag an sind Lebensmittel, die nachweislich Zutaten aus gentechnisch veränderten Sojabohnen oder Mais enthalten, kennzeichnungspflichtig. Als erstes Unternehmen der Lebensmittelindustrie hat Nestlé angekündigt, einen Schoko-Cornflakes-Riegel („Butterfinger“) mit Kennzeichnung in den Handel zu bringen.
Am 3. September wird eine EU-Verordnung (EG/1139/98) rechtskräftig, in der die Kennzeichnung von Lebensmitteln und Zutaten geregelt ist, bei denen gentechnisch veränderter Mais (Novartis / Insektenresistenz) oder Sojabohnen (Monsanto / Herbizidresistenz) verarbeitet worden ist. Diese Verordnung war erforderlich, da beide Pflanzen nicht unter die Novel Food -Verordnung fallen. Diese trat erst nach deren Zulassung in Kraft.
- Kennzeichnungspflichtig sindSojamehle (z.B. in Brot- und Backwaren), Maismehl (z.B. Knabbergebäck, Cornflakes) Zutaten aus Sojaproteinen (z.B. pflanzliches Eiweiß in Suppen), wahrscheinlich auch bestimmte Maisstärkeprodukte (Bindemittel in Soßen und Puddings). Voraussetzung ist immer, dass zumindest zu einem gewissen Anteil Gen-Soja bzw. Gen-Mais als Rohstoffe verwendet wurde. Derartige Zutaten müssen nun mit einem Hinweis „aus genetisch verändertem Mais (bzw. Sojabohnen) hergestellt“ ergänzt werden. Auch Lebensmittel, bei denen keine Zutatenliste vorgeschrieben sind (z.B. Brot mit Sojamehl), müssen gekennzeichnet werden.
- Nicht kennzeichnungspflichtig sind Mais- und Sojaöle (z.B. in Margarine), Produkte der Maisstärke- Verzuckerung (z.B. Glucosesirup) oder Sojalecithin (ist als Zusatzstoff ausgenommen).
- Fristen : Kennzeichnungspflichtige Lebensmittel, die vor dem Stichtag 3. September ohne einen entsprechenden Hinweis auf dem Etikett hergestellt oder importiert wurden, dürfen noch verkauft werden. Weitere Übergangsfristen gibt es nicht.
Besonders bei Soja ist davon auszugehen, dass „gentechnikfreie“ Rohstoffe in aller Regel auf den Weltmärkten kaum noch angeboten werden. 1998 wachsen die Monsanto-Sojabohnen (RoundupReady) in den USA bereits auf vierzig Prozent der Anbauflächen, in Argentinien auf ca. fünfzig Prozent. Bei der Ente wird üblicherweise nicht zwischen gentechnisch veränderten und konventionellen Bohnen getrennt. Allein die USA exportieren zehn Mio. Tonnen Soja in die Europäische Union. Daher ist davon auszugehen, dass der als Zutat in unzähligen Lebensmitteln verarbeitete Rohstoff Soja zu einen gewissen Anteil aus transgenen Pflanzen stammt. Allenfalls kleinere Soja-Verarbeiter, besonders aus dem Naturkost- oder Reformhausbereich, haben sich „gentechnikfreie“ Lieferungen sichern können.
Bei Maisist die Situation weniger eindeutig. Mais wird überwiegend in Europa angebaut und nur zu einem geringen Anteil aus den USA importiert. Während in den USA Gen-Mais bereits auf dreißig Prozent der Flächen angebaut wird, wächst er in Europa in diesem Jahr bislang auf begrenzten Flächen. In Frankreich, Spanien und Deutschland sollen 1998 davon allerdings bereits 250.000 Tonnen geerntet werden.
Zumindest Gen-Soja wird von der europäischen Lebensmittelindustrie verarbeitet. Zwangsläufig müssen im Herbst Produkte mit kennzeichnungspflichtigen Produkten im Handel auftauchen. Bisher hat allerdings nur Nestlé entsprechende Vorhaben angekündigt. Der Butterfinger, ein in den USA hergestellter Schokoriegel mit Cornflakes, soll nach den Regeln der EU-Verordnung mit dem Hinweis „hergestellt aus genetisch verändertem Mais“ gekennzeichnet werden. Nestlé verweist darauf, dass es auf den Weltmärkten nicht mehr möglich sei „glaubhafte Garantien von Maislieferanten zu erhalten, dass zukünftige Lieferungen keine gentechnisch veränderte Rohstoffe enthalten.“ Die Kennzeichnung des _Butterfingers_sei daher eine „vorsorgliche“ Maßnahme.