Eurobarometer: Wenig Akzeptanz für Gentechnik bei Lebensmitteln
Zum ersten Mal seit 1996 hat die Europäische Kommission eine europaweite Repräsentativbefragung (Eurobarometer) zur Wahrnehmung der Gentechnik in Europa durchgeführt. Die Ergebnisse sind in den EU-Länder unterschiedlich. Gentechnik bei Pflanzen ist eher akzeptiert als ihre Anwendung bei Lebensmitteln.
Erste Ergebnisse dieser Befragung, für die 16082 Menschen in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union befragt wurden, wurden am 27. April 2000 auf einer Pressekonferenz in Brüssel der Öffentlichkeit vorgestellt. An der Entwicklung des Erhebungsinstruments waren Wissenschaftler aus insgesamt 15 Ländern beteilig. Aus Deutschland wirkte die Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg (Stuttgart) an der Untersuchung mit.
Eurobarometer: aktuellen Umfrage im Vergleich mit der von 1966.
Insgesamt ist der Anteil derjenigen, die von der modernen Biotechnologie eine positive Verbesserung der Lebensumstände erwarten, gegenüber 1996 deutlich zurückgegangen. In einer Rangliste verschiedener Technologie war die Bio- bzw. Gentechnologie der große Verlierer. Die stärksten Einbrüche gab es in Großbritannien, Italien und Portugal; dagegen ist in den traditionellen Kritiker-Ländern wie Deutschland und Österreich die Zustimmung zur Gentechnologie sogar leicht angestiegen.
Während die Gentechnik im medizinischen Bereich überwiegend begrüßt wird, ist die Akzeptanz zur Grünen Gentechnik europaweit eingebrochen.
- 43 Prozent der befragten Europäer - und 36 Prozent der Deutschen - beurteilt die Anwendung der Gentechnik bei Lebensmitteln als nützlich, drei Jahre zur vor waren es noch 54 Prozent.
- Erstaunliche 55 Prozent (D: 49 Prozent) befürworten die Entwicklung gentechnisch veränderter Pflanzen mit Resistenzen gegen Schadinsekten (minus 14 Prozent).
- Doch europaweit halten 59 Prozent die Anwendung der Gentechnik im Lebensmittelreich für riskant, 49 Prozent sehen Risiken bei schädlingsresistenten Nutzpflanzen.
- Die Auffassung, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel grundsätzlich „gegen die Natur“ seien, findet bei den Befragten eine starke Zustimmung. Die Bereitschaft, gentechnisch veränderte Lebensmittel konsumieren zu wollen, ist daher gering (27 Prozent).
Die Ergebnisse in den einzelnen Mitgliedsländern weichen stark voneinander. Die positivste Grundeinstellung gegenüber der Gentechnik haben die Spanier, die negativste die Griechen. Während die Dänen vor allem die Übertragung auch menschlicher Gene auf Mikroorganismen zur Herstellung von medizinischen Wirkstoffen favorisieren, sehen die Deutschen eine sinnvolle Anwendung im Einsatz gentechnisch veränderter Mikroorganismen zur Reinigung kontaminierter Böden. Frankreich, Luxemburg und Griechenland gewichten die Risiken stärker als die Befragten anderer Länder.
Unverändert schlecht ist der Wissensstand über die Gentechnik. Nur 35 Prozent wissen, dass alle Tomaten „Gene enthalten“. Der gleiche Anteil der Befragten stimmt dem mittlerweile berühmten Satz zu, dass nur gentechnisch veränderte Tomaten Gene enthalten, konventionelle jedoch nicht - seit dem Eurobarometer 1996 ist der Anteil mit dieser Falschaussage noch einmal um fünf Prozent gestiegen. Am höchsten ist das Wissensniveau in den nordischen Ländern und in den Niederlanden, am niedrigsten in Portugal. Deutschland liegt knapp unter dem Durchschnitt.
Für die meisten Europäer sind Verbraucherorganisationen die glaubwürdigsten Informationsquellen. Nach den Ärzten sind Umweltverbände auf den dritten Platz zurückgefallen.