Brief an die EU-Kommission: Deutschland will Gentechnik-Mais nicht dulden
(1./5.10.2015) Derzeit liegen in der EU acht Anträge für verschiedene gentechnisch veränderte Maislinien vor, den Anbau in der EU zu genehmigen. Darunter befindet sich auch der Erneuerungsantrag des schon 1998 zum ersten Mal in der EU zugelassenen Bt-Maises MON810. Bei einigen dieser Anträge wie dem 1507-Mais ist die Sicherheitsbewertung abgeschlossen, so dass nun die politische Entscheidung über die EU-weite Zulassung getroffen werden muss. Alle gv-Maislinien, die sich gegenwärtig im Zulassungsverfahren befinden, sollen in Deutschland bundesweit nicht auf die Felder kommen, so die Bundesregierung.
Christian Schmidt (CSU), Bundes- landwirtschaftsminister: Gentechnisch veränderter Mais soll in Deutschland grundsätzlich verboten werden. Er sei „unvereinbar mit der in Deutschland üblichen Ackernutzung“.
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Prof. Bernd Müller-Röber, Molekularbiologe an der Universität Potsdam und Präsident des Verbandes Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland e.V. (vbio): „Es steht außer Zweifel, dass sich ein Anbauverbot nicht nur auf die Landwirtschaft, sondern auch auf die Forschung in Deutschland auswirken wird.“
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Die Übermittlung der Verbotsabsicht an die Kommission ist der erste Schritt, den die neuen, im letzten Jahr beschlossenen EU-Vorschriften vorsehen. Die Kommission leitet die Absicht des jeweiligen Landes an die Antrag stellenden Unternehmen weiter, in diesem Fall Monsanto, Syngenta, Dow AgroScienes und DuPont-Pioneer. Die Unternehmen können dann die betreffenden Länder aus dem Geltungsbereich des jeweiligen Zulassungsantrags herausnehmen. Erst wenn die Unternehmen dem Verbotsbegehren nicht entsprechen, müssen die Länder förmliche Verbote aussprechen. Das Verfahren dafür und die möglichen Gründe, auf die sich ein Land dabei berufen kann, sind in den neuen EU-Rechtsvorschriften festgelegt.
Bisher haben zehn Länder, darunter Frankreich und die Niederlande, ihre Verbotsabsichten gegenüber der Kommission erklärt. Für die aktuellen Zulassungsverfahren lief die Frist dafür am 3. Oktober ab. Bei Griechenland und Lettland haben die Unternehmen den Verbotserklärungen bereits entsprochen.
Schmidt hat die deutschen Verbotsabsichten gegenüber der Kommission damit begründet, dass der Anbau von gv-Mais „unvereinbar mit der in Deutschland üblichen Ackernutzung“ sei. Nach einem Bericht der ZEIT (30.09.2015) wies Schmidt zudem „auf die Gefahr der Übertragung von modifizierten Gen-Sequenzen auf konventionelle Pflanzen hin.“
Dass Schmidt die Verbote auf dem Weg über einen verbindlichen Vermarktungsverzicht der Unternehmen durchsetzen will, entschärft erst einmal den politischen Konflikt um die geplante Änderung des Gentechnik-Gesetzes. Damit soll geregelt werden, wer und wie Anbauverbote für gv-Pflanzen verhängt werden können. Dieser zweite Schritt für nationale Ausstiegsklauseln wird jedoch nur dann nötig, wenn die betreffenden Unternehmen auf der Zulassung für das jeweilige Land bestehen. Die Bundesregierung will darüber die Bundesländer entscheiden lassen. Diese verlangen jedoch bundesweit einheitliche Verbote. In der letzten Woche hat der Bundsrat eine entsprechende Änderung beschlossen und damit die Bundesregierung unter Druck gesetzt.
Auf welchem Weg auch immer - der Anbau von gv-Pflanzen ist in Deutschland politisch unerwünscht. Anbauverbote - darauf hat gerade ein offener Brief mehrerer biologischer Fachgesellschaften an Minister Schmidt hingewiesen, „treffen auch die Wissenschaft“ und führen „zur Abwertung einer in der internationalen Forschung selbstverständlich angewandten Technik und diskriminiert alle beteiligten Wissenschaftler.“ Wenn gentechnisch veränderte Pflanzen mit Verweis auf eine ablehnende Mehrheit verboten werden, „dann muss gleichzeitig deutlich gemacht werden, dass es für ein solches Verbot keine wissenschaftliche Begründung gibt.“
Nachtrag 05.10.2015: Zum Stichtag 3. Oktober haben 17 EU-Staaten und vier Regionen (Wales, Schottland, Nordirland in Großbritannien, Wallonie in Belgien) Phase 1 der Ausstiegsklausel in Anspruch genommen. Die EU leitet nun die Erklärungen an die Antrag stellenden Unternehmen weiter. Diese können die jeweiligen Länder aus dem Geltungsbereich einer späteren Zulassung ausnehmen.
Diese Länder streben keine Anbauverbote für gv-Pflanzen an: Spanien, Portugal, Schweden, Finnland, Irland, Tschechien, Slowakei, Rumänien sowie England (Großbritannien) und Flandern (Belgien).
Nachtrag 03.11.2015: Die antragstellenden Unternehmen haben die Verbotsabsichten Deutschlands akzeptiert. Für sechs verschiedene gv-Mais-Events werden etwaige Anbauzulassungen nicht für Deutschland gelten. Ein förmliches Verbotsverfahren ist in diesen Fällen nicht mehr erforderlich.
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Im Web
- Deutschland verbietet den Anbau von Genmais, Die ZEIT, 30.09.2015
- Offener Brief an Landwirtschaftsminister Schmidt: Anbauverbote treffen auch die Wissenschaft – Rahmenbedingungen für die Forschung mit gentechnisch veränderten Pflanzen erhalten!
- Der beschlossene Text im Wortlaut: RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG betreffend die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit, den Anbau von genetisch veränderten Organismen (GVO) auf ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen