BVL bleibt dabei: Mit neuem Verfahren gezüchteter Raps ist keine Gentechnik
(03.06.2015) Es bleibt dabei: Ein mit einem neuen Verfahren gezüchteter Raps ist nicht als gentechnisch veränderter Organismus anzusehen. Er fällt damit nicht unter die strengen Bestimmungen des Gentechnik-Gesetzes. Das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat den Widerspruch mehrerer Umwelt- und Ökoverbände gegen den im März erteilten Bescheid zurückgewiesen. Darin wird der von dem kalifornischen Unternehmen Cibus entwickelte Raps als Mutationszüchtung eingestuft, die im Gentechnik-Gesetz ausdrücklich ausgenommen ist. Die Verbände halten ihn dagegen für „Gentechnik durch die Hintertür“.
Raps, gezüchtet mit gezielter Mutagenese. Das BVL stuft ihn wie eine Mutationszüchtung ein, die nicht unter das Gentechnik-Gesetz fällt.
Bestrahlungsanlage für Mutationszüchtung. Solche Sorten gelten als herkömmlich und unterliegen keinen besonderen gesetzlichen Bestimmungen.
Foto: Institute for Radiation Breeding, Kamimurata, Japan
Der von Verbänden und Organisationen aus dem Lager der Gentechnik-Gegner eingelegte Widerspruch sei „sowohl unzulässig wie unbegründet“, teilte das BVL in einer heute veröffentlichten Fachmeldung mit. Wie schon in ihrem ersten Bescheid beruft sich die Behörde auf eine wissenschaftliche Stellungnahme der ZKBS (Zentrale Kommission für Biologische Sicherheit).
Danach ist der Cibus-Raps als Ergebnis einer Mutationszüchtung (Mutagenese) anzusehen, die vom deutschen Gentechnik-Gesetz und den EU-Richtlinien ausdrücklich nicht der Gentechnik zugerechnet wird. Solche Sorten könnten daher ohne besondere Auflagen auf den Markt kommen. Anbauversuche müssten auch nicht als Freisetzung nach Gentechnik-Recht genehmigt werden.
Während es bei der herkömmlichen Züchtung Chemikalien oder Bestrahlung sind, welche die Mutationen auslösen, sind es bei dem Cibus-Raps kurze, für diesen Zweck künstlich hergestellte DNA-Schnipsel. Diese werden auch als Gene Repair Olegonucleotide (GRONs) bezeichnet. Sie funktionieren wie die natürlichen Systeme, über die Zellen verfügen, um Fehler in der DNA zu reparieren, wie sie etwa bei der Zellteilung entstehen.
Die GRON-Schnipsel werden in die Pflanzenzelle eingeführt. Dort lagern sie sich neben der Stelle im Erbgut an, die „repariert“ werden soll und rufen dabei genau dort gezielt Punktmutationen hervor, die sich auf einzelne DNA-Bausteine beschränken. GRONs werden nicht in das Genom der Pflanze integriert, sondern in der Zelle nach kurzer Zeit wieder abgebaut. Daher sind solche Pflanzen nicht von solchen zu unterscheiden, bei denen die Mutationen durch Chemikalien ausgelöst oder spontan unter natürlichen Bedingungen entstanden sind.
Das als RTDS bezeichnete Verfahren (Rapid Trait Development System), mit dem Cibus die neue herbizidresistente Rapssorte entwickelt hat, „fällt daher unter den Begriff der Mutagenese“ und „ist kein Verfahren der Veränderung von genetischem Material im Sinne der GVO-Definition des Gentechnik-Gesetzes.“ Damit bekräftigt das BVL seinen ersten Bescheid und weist den Widerspruch der Gentechnik-kritischen Organisationen zurück.
RTDS basiert auf der ODM-Technik (Oligonukleotid gerichtete Mutagenese). Diese gehört zu einer Reihe neuer molekularbiologischer Verfahren, die als Genome Editing bezeichnet werden. Anders als bei der klassischen Gentechnik werden dabei keine neuen „artfremden“ Gene oder Genkonstrukte in das Genom einer Pflanze eingeführt, sondern das vorhandene Erbgut wird an ganz bestimmten Stellen „umgeschrieben“. Aus den Zellen, bei denen diese Techniken eingesetzt werden, gehen Pflanzen hervor, die in der Regel nicht von natürlichen unterscheidbar sind.
Doch ob Genome Editing und andere innovative molekularbiologische Verfahren tatsächlich einmal breiter in der Pflanzenzüchtung genutzt werden, hängt entscheidend davon ab, ob die damit entwickelten Pflanzen als GVO eingestuft werden oder nicht.