Spanien: Freisetzungsversuch mit gentechnisch veränderten Olivenfliegen

(25.11./10.12.2013) Die britische Firma Oxitec hat in Spanien einen Freilandversuch mit gentechnisch veränderten Olivenfliegen beantragt. Das Konzept, die Fortpflanzung schädlicher Insekten gentechnisch zu verhindern, könnte eine Alternative zur üblichen chemischen Bekämpfung sein. Ähnliche Ansätze werden derzeit auch in Brasilien gegen die Überträger des Dengue-Virus erprobt. Sollten die spanischen Behörden den Antrag genehmigen, wäre es der erste Freisetzungsversuch mit gentechnisch veränderten Tieren in Europa.

Olivenfliege

Die Olivenfliege ist der am meisten gefürchtete Schädling im Olivenanbau. Sie legt ihre Eier in die reifenden Früchte.

Olivenfliege

Die Maden der Olivenfliege ernähren sich von dem Fruchtfleisch.

Fotos: Lorraine Graney, Bartlett Tree Experts, Bugwood.org; Titelseite: Pest and Diseases Image Library

Dengue-Fieber ist eine der am weitesten verbreiteten fieberhaften Infektionen weltweit. Jährlich erkranken mindestens 100 Millionen Menschen, hauptsächlich im Mittleren und Fernen Osten, Australien und Ozeanien, Süd- und Mittelamerika sowie Afrika. In den meisten Fällen verläuft die Infektion harmlos, dennoch verursacht sie rund 20 000 Todesfälle im Jahr.

Die Krankheit wird verursacht durch ein Virus, das durch Stechmücken der Gattung Aedes übertragen wird. Bisher existiert weder eine Therapie noch eine Impfung. Ein Zurückdrängen der Population der Überträgermücken wäre der erste Ansatz zu einer kausalen Bekämpfung der Krankheit.

Im Olivenanbau in den Mittelmeerländern müssen regelmäßig große Mengen Insektizide gesprüht werden, hauptsächlich zur Bekämpfung der Olivenfliege. Diese Fliege legt ihre Eier auf oder in den Oliven ab und die Larven ernähren sich von dem Fruchtfleisch. Dadurch werden erhebliche Ertragsausfälle verursacht.

Eine Alternative zum teilweise massiven Insektizideinsatz wurde von der britischen Firma _Oxitec_entwickelt. Sie hat männliche Olivenfliegen gentechnisch so verändert, dass sie ein Gen tragen, das bei weiblichen Fliegen zum Tod führt. Es ist mit einer DNA-Sequenz gekoppelt, die bewirkt, dass es nur in weiblichen Organismen abgelesen wird. Dort sorgt es dafür, dass sich ein bestimmtes Protein im Körper ansammelt, das in zu hohen Mengen tödlich wirkt.

Werden die gentechnisch veränderten Männchen freigesetzt und paaren sich mit wilden Weibchen, dann stirbt der weibliche Nachwuchs bereits im Larvenstadium. Der männliche Nachwuchs trägt das „Sterblichkeits-Gen“ und gibt es in der nächsten Generation weiter. Auf diese Weise sollen die gv-Fliegen die Population ihrer wilden Artgenossen zurückdrängen. Allerdings müssen über einen längeren Zeitraum regelmäßig neue gv-Männchen ausgesetzt werden.

Oxitec hat beantragt, gentechnisch veränderte Olivenfliegen für einen Zeitraum von acht Wochen auf einer Fläche von etwa 0,8 Hektar unter Netzen freizusetzen. Die Freisetzung soll acht Kilometer entfernt von der katalonischen Hafenstadt Tarragona auf dem Gelände des Forschungsinstituts Irta stattfinden. Auch für Italien ist ein entsprechender Versuch in Planung. Nach Abschluss des Versuches soll in einem vierwöchigen Monitoring das Aussterben der gv-Fliegen verfolgt werden. Erkennen kann man die gv-Fliegen, weil ihnen auch ein Gen für ein fluoreszierendes Protein übertragen wurde, so dass sie unter speziellen Mikroskopen fluoreszieren.

In ihrem Freisetzungsantrag weisen die Wissenschaftler von Oxitec darauf hin, dass eine Auskreuzung auf andere Fliegenarten wegen des speziellen Paarungsverhaltens der Olivenfliege ausgeschlossen sei. Eine Beeinflussung anderer Nahrungsketten und anderer Teile des Ökosystems sei ebenfalls ausgeschlossen, da die Olivenfliege ausschließlich auf Olivenbäumen lebt und keine alternativen Wirtspflanzen hat. Im Gegensatz zu Insektiziden, die auch Nützlinge töten, würde hier spezifisch ein einziger Schädling bekämpft.

Die Methode von Oxitec ist eine Weiterentwicklung der sogenannten Sterile Insect Technique (SIT), die seit Mitte des 20. Jahrhunderts weltweit zur Bekämpfung verschiedener Insekten angewendet wird, etwa Schmeißfliegen, Tse-Tse-Fliegen und Fruchtfliegen. Dabei werden die männlichen Insekten radioaktiv bestrahlt und so unfruchtbar gemacht. Paaren sie sich nach ihrer Freisetzung mit wilden Weibchen, bleibt der Nachwuchs aus. Allerdings gibt es bei einigen Insektenarten Probleme mit der Konkurrenzfähigkeit der Männchen: Geschwächt durch die radioaktive Bestrahlung, haben sie Schwierigkeiten, sich gegen die wilden Männchen durchzusetzen. Bei den gentechnisch veränderten Insekten besteht dieses Problem nicht.

Oxitec hatte seine Technik zunächst für die Bekämpfung von Krankheitserregern entwickelt, und zwar für Mücken, die das Dengue-Virus übertragen. Mit diesen Mücken gab es bereits Freisetzungsversuche auf der Karibikinsel Grand Cayman, in Malaysia und Brasilien. Dabei warfen Umwelt- und Bürgergruppen Oxitec und den jeweiligen Regierungen mangelhafte Information der Öffentlichkeit vor. Kommerziell erhältlich sind die gv-Mücken noch nicht.

Die FAO, die WHO, das U.S. Department of Agriculture und die EFSA haben in den letzten Jahren verschiedene Berichte und Stellungnahmen veröffentlicht, die sich damit befassen, wie die Sicherheitsbewertung gentechnisch veränderter Insekten durchgeführt werden sollte. In der EU gibt es seit 2013 einen EFSA-Leitfaden für die Umweltverträglichkeitsprüfung von gv-Tieren. Für die Genehmigung des Freisetzungsantrages von_Oxitec_ sind jedoch die spanischen Behörden zuständig.

Aktueller Nachtrag: Oxitec hat den Freisetzungsantrag für die gv-Olivenfliegen zurückgezogen. Die spanischen Behörden verlangen weitere Studien, in denen mögliche Auswirkungen auf die natürlichen Feinde wie Spinnen und bestimmte Wespen untersucht werden. Oxitec hat angekündigt, nach Abschluss dieser Studien einen neuen Antrag einreichen zu wollen. (10.12.2013)