Trotz Schwierigkeiten beim Nachweis: Feld mit Gentechnik-Spuren muss untergepflügt werden

(29.02.2012) Bereits ausgebrachtes Saatgut muss grundsätzlich vernichtet werden, wenn darin Spuren von gentechnisch veränderten Pflanzen gefunden werden. Das hat heute das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden. Trotz der „Schwierigkeiten einer Analyse an der Nachweisgrenze“ wertet das Gericht jedes unbeabsichtigte Ausbringen einzelner gentechnisch veränderter Saatkörner als „nicht genehmigte Freisetzung“ und einen „Verstoß gegen das Gentechnik-Gesetz“.

Rapsblüte

Rapsblüte: Felder müssen vernichtet werden, wenn auf ihnen GVO-verunreinigtes Saatgut ausgebracht worden ist. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte entsprechende Anordnungen mehrerer Bundesländer.

Anlass für das Gerichtsverfahren war eine Anordnung mehrerer Bundesländer aus dem Jahre 2007, bestimmte Partien von Rapssaatgut zu vernichten und alle Felder unterzupflügen, auf denen es bereits ausgebracht worden war. Davon waren Landwirte in mehreren Bundesländern betroffen.

Bei amtlichen Nachuntersuchungen hatten die Behörden in einigen Saatgutpartien geringe Beimischungen des gentechnisch veränderten Rapses Falcon GS40/90 gefunden, der in der EU nicht für den Anbau zugelassen war. Der gemessene GVO-Anteil lag etwa bei 0,03 Prozent und damit deutlich unterhalb der technischen Nachweisgrenze von 0,1 Prozent. Vor der Aussaat hatten auch die Landwirte das Rapssaatgut untersuchen lassen - ohne Befund.

Gegen die Anordnung zur Vernichtung des Saatguts und des Aufwuchses auf den betroffenen Feldern legte ein Landwirt Klage ein. Er habe alle gesetzlichen Vorschriften eingehalten, sogar selbst Untersuchungen durchführen lassen, und daher nicht wissen können, dass sich im Saatgut einzelne gentechnisch veränderte Körner befunden haben. Durch das angeordnete Unterpflügen seines Feldes sei ihm ein Schaden von 25.000 Euro entstanden.

Die erste Instanz wies die Klage des Landwirts ab, die zweite, der hessische Verwaltungsgerichtshof, gab ihr recht. Nun stellte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die erste Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Kassel wieder her. Das Ausbringen des verunreinigten Saatguts wertete das Gericht als Verstoß gegen das Gentechnik-Gesetz, auch wenn der klagende Landwirte „in Unkenntnis möglicher Verunreinigungen“ gehandelt habe. Dass das Saatgut gentechnisch veränderte Organismen enthalten habe, sah das Gericht als erwiesen an. „Die amtlichen Untersuchungsergebnisse sind trotz der Schwierigkeiten einer Analyse an der Nachweisgrenze eine taugliche Grundlage für diese Feststellung.“

Mehrfach war es in den letzten Jahren zu Konflikten um GVO-Spuren im Saatgut gekommen. Wiederholt hatten die zuständigen Behörden der Bundesländer eine Vernichtung verfügt, wenn verunreinigtes Saatgut bereits ausgesät worden war. So war im Frühjahr 2010 in Maissaatgut des Züchters Pioneer Spuren des gv-Maises NK603 gefunden worden. Die Ergebnisse der Untersuchungen in Niedersachsen waren erst bekannt geworden, nachdem ein großer Teil der betroffenen Saatgut-Partien bereits im Boden war. Auch in diesem Fall haben alle Bundesländer die betroffenen Felder unterpflügen lassen.

Bisher gibt es in der EU - und auch in Deutschland - keine verbindlichen Festlegungen für tolerierbare GVO-Anteile in Saatgut. Allerdings haben einzelne EU-Mitgliedsländer solche Toleranzschwellen erlassen. In Österreich, das sich selbst als Vorreiter im Kampf gegen die Gentechnik in Europa sieht, werden „zufällige, technisch unvermeidbare“ GVO-Verunreinigungen im Saatgut bis 0,1 Prozent geduldet. Dagegen führt in Deutschland grundsätzlich jeder GVO-Nachweis zur Vernichtung des Saatguts oder zum Unterpflügen der betroffenen Felder.

Saatgutpartien, die in Deutschland nicht mehr verkehrsfähig sind, weil in ihnen GVO-Spuren unterhalb der 0,1-Prozent-Nachweisgrenze gefunden wurden, können in Österreich und anderen EU-Ländern weiterhin verwendet werden.

Unterhalb der technischen Nachweisgrenze von 0,1 Prozent liefern GVO-Analysen keine zuverlässigen Ergebnisse. Sie liegen in einem großen Schwankungsbereich und sind nicht reproduzierbar. In der Lebensmittelüberwachung haben daher GVO-Befunde unterhalb der Nachweisgrenze keine Relevanz, sofern der jeweilige GVO in der EU zugelassen ist.