Frankreich: Oberstes Gericht annulliert Anbauverbot für Gentechnik-Mais MON810
(29.11.2011) Der oberste Verwaltungsgerichtshof in Frankreich hat das 2008 verhängte nationale Anbauverbot für gentechnisch veränderten MON810-Mais für rechtswidrig erklärt. Es folgte damit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) aus September. Die französische Regierung habe nicht beweisen können, dass der Anbau mit „erheblichen Risiken für Mensch, Tier oder Umwelt“ verbunden sei.
Frankreich: 2012 wieder Anbau von gentechnisch verändertem MON810-Mais? Vor allem im Südwesten ist der Maiszünsler verbreitet. Bis 2007 wurde dort auf einer Fläche von 20.000 Hektar MON810-Mais angebaut.(Foto: Kolben mit Bohrloch der Larven und nachfolgendem Pilzbefall)
Frankreich hatte den Anbau von MON810-Mais verboten und sich auf die „Schutzklausel“ in den europäischen Gentechnik-Rechtsvorschriften berufen. Danach kann ein Mitgliedsstaat eine in der EU zugelassene gv-Pflanze verbieten, wenn es neue Erkenntnisse dafür gibt, „dass der GVO eine Gefahr für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt darstellt.“ Frankreich hatte das Verbot, ähnlich wie Deutschland ein Jahr später, mit einzelnen wissenschaftlichen Untersuchungen begründet, in denen sich Hinweise auf solche Gefährdungen fanden. Bis heute sind die Ergebnisse aus diesen nach wie vor wissenschaftlich umstrittenen Studien nicht bestätigt worden.
In Frankreich und auch in Deutschland haben Landwirte, Verbände und Unternehmen Klagen gegen die MON810-Verbote eingereicht. Französische Gerichte hatten sich an den Europäischen Gerichtshof gewandt, um verschiedene grundsätzliche Fragen zu klären, die in den Verfahren aufgeworfen wurden.
Daraufhin hat der EuGH in seinem im September verkündeten Urteil enge Grenzen für nationale Verbote von in der EU zugelassenen gv-Pflanzen gesteckt. Mitgliedsstaaten sind danach nur dann zum Erlass von „Sofortmaßnahmen“ berechtigt, wenn eine Situation vorliegt, „in der ein erhebliches Risiko bestehen kann, das offensichtlich die Gesundheit von Mensch und Tier oder die Umwelt gefährdet.“ Solche Maßnahmen können, so der EuGH, „nur getroffen werden, wenn sie auf eine möglichst umfassende Risikobewertung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des konkreten Falles gestützt sind, die erkennen lassen, dass diese Maßnahmen geboten sind.“
Nach dieses Kriterien hat der französische Staatsrat - das oberste Verwaltungsgericht - nun das Verbot der Regierung aus dem Jahr 2008 annulliert. Der französische Agrarminister Bruno LeMaire erklärte, das Urteil habe ihn nicht überrascht, aber seine Regierung sehe nach wie vor viele „Ungewissheiten über die Folgen des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen für die Umwelt“. LeMaire wolle nun alle Möglichkeiten prüfen, damit der MON810-Anbau auch weiterhin verboten bleibe. Die Umweltorganisation Greenpeace forderte die Regierung auf, sofort entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. „Sonst werde im Frühjahr wieder Gen-Mais in Frankreich wachsen.“
Unmittelbare Folgen auf das in Deutschland geltende Anbauverbot hat das Urteil des französischen Staatsrats nicht. Deutsche Gerichte haben bisher nicht abschließend über die Zulässigkeit des im Frühjahr 2009 von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner ausgesprochen MON810-Verbots entschieden.