Kontrollen: Honig mit Pollen gentechnisch veränderter Pflanzen aus dem Verkehr gezogen
(19.10.2011) In Baden-Württemberg und Thüringen sind kanadische Importhonige aus dem Verkehr gezogen worden, weil in ihnen Pollen aus nicht dafür zugelassenen gentechnisch veränderten Pflanzen nachgewiesen wurden. Bei aktuellen Kontrollen in Baden-Württemberg wurden in sieben von 39 untersuchten Importhonigen Spuren verschiedener gv-Raps- und Sojabohnensorten gefunden. Drei dieser Honige enthielten gv-Raps, der nur eingeschränkt als Lebensmittel zugelassen ist. In vier Proben, darunter zwei Bio-Honigen, fanden sich Spuren von gv-Sojabohnen.
Pollen ist Bienennahrung. Die Bienen benötigen Pollen, um ihre Larven zu füttern. Pollen ist zwar nicht notwendig, um Honig zu erzeugen, aber nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs gilt Pollen nun als „Zutat“ und muss damit alle lebensmittelrechtlichen Anforderungen erfüllen.
„Naturreiner“ Honig. Aber frei von „Verunreinigungen“ wie Stäuben oder Pollen ist Honig nicht. Pollen aus gv-Pflanzen ist nur erlaubt, wenn diese ohne Einschränkung als Lebensmittel zugelassen sind. Liegt der Anteil der gv-Pollen an der Gesamt-Pollenmenge über 0,9 Prozent, ist der Honig kennzeichnungspflichtig.
Seit dem Honig-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat die amtliche Lebensmittelüberwachung in Baden-Württemberg verstärkt Import-Honige auf GVO-Pollen untersucht. In sieben von 39 Proben konnte sie Spuren von gv-Pflanzen nachweisen. Drei Honige enthielten Bestandteile von gv-Rapslinien, die in der EU nur für bestimmte Lebensmittel zugelassen sind. Diese Honig-Produkte gelten nun als nicht mehr verkehrsfähig und sind inzwischen vom Markt genommen worden, ebenso ein Honig mit einem ähnlichen Befund in Thüringen.
In vier weiteren Honigproben fanden die Kontrolleure aus Baden-Württemberg Spuren von gv-Sojabohnen. Da diese in der EU für alle Lebensmittel zugelassen sind, können die Honige im Handel bleiben. Zudem sind die GVO-Anteile so gering, dass sie analytisch nicht näher zu bestimmen sind.
Zwei dieser Proben mit gv-Sojabohnen stammen aus Bio-Honigen, einer davon war sogar unzulässigerweise mit dem Hinweis „ohne Gentechnik“ deklariert.
Wie andere Bundesländer auch untersucht auch Baden-Württemberg seit längerem Honig auf GVO-Bestandteile. Bisher waren in regionalen Honigen GVO-Pollen noch nie nachweisbar. Dagegen fanden die Kontrolleure zwischen Anfang 2010 und September 2011 in zwanzig der 68 untersuchten Importhonige aus Nicht-EU-Ländern Spuren von gv-Pflanzen. Vor dem EuGH-Urteil vom 6. September wurden solche Befunde nicht beanstandet.
Nun sind Pollen aus gv-Pflanzen im Honig nur dann erlaubt, wenn diese in der EU ohne Einschränkungen als Lebensmittel zugelassen sind. Bei einigen gv-Rapslinien, die in Kanada angebaut werden, ist das jedoch nicht der Fall. Sie wurden zwar schon vor längerer Zeit in der EU als Lebensmittel zugelassen, allerdings damals beschränkt auf bestimmte Verwendungsformen. Bei der inzwischen abgeschlossenen Erneuerung dieser „Alt-Zulassungen“ wurde es versäumt, auch den Pollen im Honig einzubeziehen.
Eine uneingeschränkte Lebensmittel-Zulassung hat etwa der gv-Raps T45 oder die in Nord- und Südamerika angebauten herbizidresistenten Roundup-Sojabohnen.Nur als raffiniertes Öl und für bestimmte Zusatzstoffe, nicht jedoch als Pollen im Honig zugelassen sind hingegen diegv-Rapslinien GT73 oder MS8xRF3.
In Deutschland wurden 2011 keine gv-Pflanzen angebaut und auch Freisetzungsversuche beschränkten sich auf einzelne kleine Flächen. Deutsche Honige sind daher frei von GVO-Pollen - das bestätigen auch die aktuellen Untersuchungsergebnisse.
Dennoch sind Imker und Lebensmittelhandel verunsichert. So sollen große Handelsketten deutsche Honige nur noch ins Sortiment aufnehmen, wenn die Imker Zertifikate über eine „GVO-Freiheit“ vorlegen können. Doch die sind teuer und aufwändig. Die Imker fordern daher, dass deutsche Honige ohne weiteren Nachweis als „GVO-frei“ eingestuft werden.
Nicht nur deswegen sind die Folgen des EuGH-Urteils für die Imker nicht absehbar. Bisher galt Pollen im Honig als „produkttypische Verunreinigung“, nicht jedoch als Zutat. Doch nun zählt Pollen - obwohl nur in geringen Anteilen zwischen 0,1 und 0,5 Prozent im Honig - rechtlich als Lebensmittel und ist allen entsprechenden Sorgfaltspflichten unterworfen. So haftet etwa der Imker - oder der „Inverkehrbringer“ -, wenn unbeabsichtigt in den Honig gelangte Haselnusspollen zu einem Problem für Allergiker werden.