Neue Chancen oder wachsende Abhängigkeit - Afrika sucht nach eigenem Umgang mit der Grünen Gentechnik
(11.08.2011) Die aktuelle Hungersnot in Ostafrika hat zu neuen Diskussionen um die Grüne Gentechnik geführt. In Kenia hat die Regierung die Einfuhr von Hilfslieferungen aus gentechnisch verändertem Mais erlaubt. Doch die weit verbreitete Furcht vor gesundheitlichen Gefahren und der Abhängigkeit von großen Agro-Konzernen ist damit nicht ausgeräumt. Derzeit gibt es bis auf wenige Ausnahmen in Afrika kaum Anbau mit gentechnisch veränderten Pflanzen. Kenia und einige andere afrikanische Länder setzen verstärkt auf eine eigenständige Pflanzenforschung, die sich vor allem mit den dort genutzten Kulturpflanzen und regionalen Problemen beschäftigt.
Das WEMA-Projekt: Wasser-effizienter Mais für Afrika. Erste Freilandtests in Uganda und Südafrika. Beteiligt sind nationale und internationale Einrichtungen der Agrarforschung, Stiftungen sowie Unternehmen. Das Projekt ist ein Beispiel für eine eigenständige, auf die regionale Landwirtschaft ausgerichtete Pflanzenforschung wie sie in mehreren afrikanischen Ländern angestrebt wird.
Foto: Anne Wangalichi/ CIMMYT
Nach Südafrika, Ägypten und Burkina Faso ist Kenia das vierte afrikanische Land, das die Einfuhr von Agrarprodukten aus gv-Pflanzen und deren Anbau grundsätzlich erlaubt.
Unter dem Druck der aktuellen Dürre in Ostafrika hatte die Regierung im Juli ein entsprechendes Gesetz beschlossen. Danach darf auch gv-Mais eingeführt werden, wenn er nicht zur Aussaat verwendet wird, die betreffenden Lieferungen gekennzeichnet und von der nationalen Behörde für biologische Sicherheit „zertifiziert“ worden sind. Damit wollte die Regierung eine gesetzliche Basis für Hilfslieferungen und Lebensmittelimporte aus Nord- und Südamerika schaffen. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind 2,9 Millionen Menschen in Kenia auf solche Hilfslieferungen angewiesen.
In einer ähnlichen Situationen hatte Sambia 2002 trotz der damals herrschenden Hungersnot Hilfslieferungen zurückgewiesen, die gentechnisch veränderten Mais enthielten. Ähnlich wie in Sambia gibt es bis heute in vielen afrikanischen Ländern große Vorbehalte gegen die Grüne Gentechnik. Wenn schon in Europa die Akzeptanz für gv-Lebensmittel gering sei und sich mit restriktiven Gesetzen abschotte, wollen sich viele Afrikaner nicht als „Versuchskaninchen“ für eine in ihren Augen unsichere Technologie missbraucht sehen.
Außerdem, so die Befürchtung, könnten die einheimischen Bauern Maiskörner aus importierten Agrarlieferungen auf ihren Feldern aussäen. Damit könnte es zu einem unkontrollierten Anbau von gv-Mais und als Folge davon zu einer Abhängigkeit von internationalen Konzernen kommen.
Auch in Kenia hat die Annahme des Gesetzes die Diskussionen nicht beendet. Sogar die katholischen Bischöfe Kenias ermunterten die Bevölkerung, „gentechnisch veränderte Lebensmittel zu essen, um so Hunger und die Auswirkungen der Dürre zu lindern“. Dagegen kritisierten Mitglieder aus Parlament und Regierung, die Hungersnot werde ausgenutzt, um gv-Mais in Kenia durchzusetzen. Es gebe genug konventionellen Mais aus anderen Regionen Afrikas und man sei nicht auf die Lieferungen aus Nordamerika angewiesen.
Teile der kenianische Regierung, Wissenschaftler und Landwirte sehen schon seit einiger Zeit in einer Pflanzenforschung unter Einschluss gentechnischer Verfahren eher Chancen als Risiken. „Kein Land kann seine Bevölkerung in Zukunft ernähren, wenn wir nicht die Möglichkeiten der Gentechnik nutzen“, erklärte John Kariuki, Direktor des Kenya Agricultural Research Instituts (KARI) nach Medienberichten. Derzeit wird in Kenia ein Forschungszentrum mit großem Gewächshaus gebaut, um dort Pflanzen mit verbesserten Eigenschaften zu entwickeln und zu testen. Eine ähnliche Anlage gibt es bisher nur in Südafrika.
In mehreren afrikanischen Ländern wird an regional genutzten Pflanzenarten gearbeitet, etwa Kuhbohne, Cassava (Maniok), Süßkartoffeln, Mais oder Banane. Dabei geht es etwa um Merkmale, die für die Ernährungssicherung in Afrika von Bedeutung sind, etwa Widerstandsfähigkeit gegen regional verbreitete Schädlinge oder Pflanzenkrankheit, Anpassung an Dürre und Trockenheit sowie Anreicherung mit bestimmten Nährstoffen. Die spezifischen Möglichkeiten gentechnischer Verfahren werden immer dann genutzt, wenn das jeweilige Ziel damit besser zu erreichen ist. Einige dieser Projekte werden von westlichen Forschungseinrichtungen, Unternehmen und großen Stiftungen unterstützt.
Bei der landwirtschaftlichen Nutzung von gv-Pflanzen ist Südafrika das mit Abstand führende afrikanische Land. 2010 wurden dort auf 2,2 Millionen Hektar gv-Mais, Baumwolle und Sojabohnen angebaut. Mit weitem Abstand folgen Burkina Faso und Ägypten. In Burkina Faso entfielen im vergangenen Jahr bereits achtzig Prozent der nationalen Baumwollerzeugung auf gv-Sorten. Damit konnte die Schädlingsbekämpfung verbessert und der Insektizideinsatz drastisch verringert werden. Der Export von Baumwolle ist die wichtigste Einnahmequelle des Landes.