Österreich zieht Studie über Langzeitfolgen von gentechnisch verändertem Mais zurück
(26.03.2010) Österreich hat eine im November 2008 veröffentlichte Studie über Langzeit-Fütterungsversuche mit Mäusen zurückgezogen. Die Studie hatte in der Öffentlichkeit großes Aufsehen erregt, da einige der mit gentechnisch verändertem Mais gefütterten Mäuse weniger Nachkommen zur Welt brachten. Medien und gentechnik-kritische Organisationen hatten das Ergebnis als Hinweis auf eine verringerte Fortpflanzungsfähigkeit durch „Gen-Mais“ interpretiert.
Bereits im Oktober 2009 hatte die österreichische Regierung auf einer Sitzung des „Ständigen Kommittees für die Warenkette und Tiergesundheit“ bei der EU-Kommission erklärt, dass es den mit der Studie beauftragten Wissenschaftlern nicht gelungen sei, eine „zufriedenstellende statistische Auswertung der Daten“ vorzulegen. Eine solche Auswertung werde von den österreichischen Ministerien, welche die Studie in Auftrag gegeben hatten, auch nicht mehr erwartet.
Ein knappes Jahr zuvor hatte das Komittee die damals aktuell veröffentlichte Studie erörtert und war zu dem Schluss gekommen, dass die Daten keine Schlussfolgerungen in Bezug auf den untersuchten gv-Mais - eine Kreuzung aus den beiden Maislinien NK603 und MON810 - zuließen. Österreich hatte damals zugesagt, die statistische Auswertung der Daten überprüfen zu lassen.
Im November 2008 war die von einer Arbeitsgruppe an der Universität Wien unter der Leitung von Prof. Jürgen Zentek (heute TU Berlin), durchgeführte Studie auf einer Tagung in Wien vorgestellt worden. Gleichzeitig erschienen die ersten Pressemitteilungen: „Verzehr von Gentech-Mais verringert Fruchtbarkeit“, titelte Greenpeace und forderte, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) „wegen Inkompetenz zu schließen und alle zugelassenen Gentech-Pflanzen vom Markt zu nehmen.“ „Gen-Mais macht impotent“ legte der Nachrichtendienst Glocialist nach. Österreichische Politiker aller Parteien sahen ihre „massiven Bedenken“ gegen Gentechnik in der Landwirtschaft bestätigt.
Zentek und seine Mitarbeiter hatten Labormäuse mit einer Diät gefüttert, die zu einem Drittel aus gentechnisch verändertem Mais NK603xMON810 bestand. Eine Kontrollgruppe hatte konventionellen Mais erhalten. In einer Versuchsvariante waren Mäuse über vier Generationen mit beiden Diäten gefüttert worden. In der damals veröffentlichten Auswertung dieser „Langzeitstudie“ war die Zahl der Nachkommen beim dritten und vierten Wurf geringer als bei denen der konventionell gefütterten Kontrollgruppe. Zwar warnte Zentek vor übereilten Verallgemeinerungen, doch seitdem wird die Studie von gentechnik-kritischen Gruppierungen immer wieder als Beleg für gesundheitliche Risiken durch gentechnisch veränderte Nahrungspflanzen herangezogen.
Anschließend hatte Österreich die Studie in die Beratungen auf EU-Ebene eingebracht. Sie sei „Teil umfassender Bemühungen der österreichischen Regierung um die Sicherheit von gv-Pflanzen“, so ein Regierungsvertreter vor dem „Ständigen Komittee“ am 16. Dezember 2008. Nach der Diskussion wurde im Protokoll der Sitzung „Konsens unter den Mitgliedsstaaten“ festgestellt, dass die „Studie die Frage der Sicherheit von gv-Mais NK603xMON810 nicht beantworte. Die österreichischen Behörden sollten prüfen, ob sie die Rohdaten der EFSA und den Mitgliedstaaten zur Verfügung stellen könnten.“
Zuvor hatten auch die EFSA und einige nationale Behörden die Ergebnisse der Fütterungsstudie geprüft und waren zu dem Ergebnis gekommen, dass aus dem Report keine Schlussfolgerungen abgeleitet werden könnten, da die Daten fehlerhaft und widersprüchlich seien. Zudem fehlten wichtige Informationen für eine wissenschaftliche Bewertung der Studie.
Trotz der damaligen Zusage gelang es der österreichischen Regierung offenbar nicht, diese Daten sowie ihre statistisch korrekte Auswertung nachzuliefern.