Gentechnik: Nulltoleranz für nicht zugelassene Pflanzen in der Diskussion
(05.08.2009) Die in der EU geltende Nulltoleranz für nicht zugelassene gentechnisch veränderte Pflanzen steht erneut in der Diskussion. Anlass ist eine Lieferung von 180.000 Tonnen Sojaschrot aus den USA, die Mitte Juli von der EU zurückgewiesen wurden, da in ihr Spuren des in der EU nicht zugelassenen gv-Maises MON88017 gefunden wurden.
In einem Brief an den ständigen EU-Ausschuss für die Lebensmittelkette haben die Europäischen Dachverbände der Bauern, Agrargenossenschaften und der Mischfutterhersteller vor einer Knappheit bei Sojafuttermitteln gewarnt.
Etwa die Hälfte der in der EU verfütterten Eiweißes stammt aus Sojabohnen. Aufgrund von Trockenheit und Ernteverlusten in Brasilien sind die europäischen Fleischerzeuger in diesem Jahr verstärkt auf die Einfuhr von Sojafuttermittel aus den USA angewiesen. Dort werden zahlreiche gv-Pflanzen angebaut, die in der EU noch nicht als Futter- und Lebensmittel zugelassen sind. Selbst geringe Spuren unterhalb von 0,1 Prozent führen dazu, dass Agrarimporte in der EU nicht verkehrsfähig sind. Eine absolute, über die gesamte Verarbeitungs- und Transportkette wirksame Abschottung gegenüber Einstäubungen und Beimischungen solcher gv-Pflanzen ist nur mit einem hohen technischen Aufwand möglich. Aus Sicht der amerikanischen Landwirte haben die europäischen Märkte in den letzten Jahren daher an Bedeutung verloren.
Bereits im letzten Jahr wollte die EU-Kommission einen „Toleranzwert“ für nicht zugelassene gv-Pflanzen von 0,1 Prozent einführen, hatte sich aber dann dafür ausgesprochen, die Zulassungsverfahren für in den Erzeugerländern erlaubte gv-Pflanzen zügig durchzuführen. Doch dabei kommt es weiterhin zu Verzögerungen. So benennen die europäischen Landwirtschaftsverbände in ihrem Brief die „Durchsetzung der EU-Futter- und Lebensmittelbestimmungen“ als Grund für die Probleme, nicht Sicherheitsbedenken.
Der gv-Mais MON88017, dessen Nachweis zu dem Einfuhrverbot der Sojaschrot-Lieferung führte, ist in den USA seit 2005 für den Anbau zugelassen. Im gleichen Jahr wurde auch in der EU der Antrag gestellt, die Einfuhr und die Verwendung als Futter- und Lebensmittel zu genehmigen. Im April 2009 schloss das zuständige wissenschaftliche Gremium der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit(EFSA) die Sicherheitsbewertung ab und stufte MON88017-Mais als unbedenklich ein. Die EU-Kommission bereitete darauf die Zulassungsentscheidung vor, fand dafür bei der Abstimmung im Ständigen Ausschuss jedoch nicht die erforderliche Mehrheit der Mitgliedstaaten.
MON88017-Mais verfügt über eine Resistenz gegen den Maiswurzelbohrer sowie über eine Herbizidresistenz. Mögliche Auswirkungen auf die Umwelt wurden in einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsverbund untersucht.