25 Jahre Anbau von Bt-Mais in Spanien: Noch immer keine resistenten Schädlinge
Seit fast fünfundzwanzig Jahren Jahren wird in Spanien großflächig gentechnisch veränderter Bt-Mais angebaut. Und das Konzept funktioniert noch immer: Die Landwirte fahren höhere Erträge ein, müssen aber dennoch viel weniger Insektizide spritzen. Anders als befürchtet haben sich bisher keine Schädlinge etabliert, die gegen den Bt-Wirkstoff resistent geworden sind. Das haben Studien immer wieder bestätigt.
Spanien ist das einzige Land in Europa, in dem gentechnisch veränderte Pflanzen landwirtschaftlich genutzt werden. Seit 1998 bringen viele Landwirte Bt-Mais aus, um damit die wichtigsten Schädlinge - den Maiszünsler (Ostrinia nubilalis) und einen Eulenfalter (Sesamia nonagrioides) - in Schach zu halten. Anfangs nahm der Anbau von Bt-Mais in Spanien langsam, aber kontinuierlich zu, bis er 2013 mit einer Anbaufläche von über 135.000 Hektar einen Höhepunkt erreichte. In den folgenden Jahren ging der Maisanbau dort insgesamt zurück und damit auch die Flächen mit Bt-Mais. Der Anteil Bt-Mais an der gesamten Maiserzeugung in Spanien liegt seit vielen Jahren konstant bei etwa 30 Prozent.
Bt-Mais wird in Europa fast nur noch in Spanien angebaut. Der Anteil an der spanischen Maiserzeugung liegt seit Jahren konstant bei etwa 30 Prozent.
Maiszünsler und Eulenfalter: Die Larven bohren sich in die Maisstängel. Die Pflanzen knicken schnell ab und die Ernten fallen deutlich geringer aus.
Bei mehreren Befragungen zeigten sich die meisten spanischen Landwirte zufrieden damit, sich für einen Wechsel zu Bt-Maissorten entschieden zu haben. Gerade in Regionen mit starkem Schädlingsbefall konnten sie damit nicht nur ihre Kosten für Pflanzenschutzmittel reduzieren, sondern auch die durch die Fraßinsekten verursachten Ertrags- und Qualitätsverluste. Bt-Mais hat dort nicht nur die wirtschaftliche Situation der spanischen Landwirte verbessert, sondern auch zu einer nachhaltigen Landwirtschaft beigetragen, so eine 2022 publizierte Studie der spanischen Antama Foundation. Bezogen auf die Fläche stiegen mit Bt-Mais die Erträge an, gleichzeitig gingen Umweltbelastungen und Ressourcenverbrauch zurück.
Dass Bt-Mais über einen so langen Zeitraum funktionieren würde, war anfangs nicht erwartet worden: Wenn Bt-Mais über viele Jahre angebaut wird, häufig ohne Fruchtwechsel, war damit zu rechnen, dass sich früher oder später resistente Schädlinge etablieren, denen das in den Maispflanzen wirksame Bt-Protein nichts mehr anhaben kann. Die Erfahrungen mit konventionellen Insektiziden, aber auch mit Bt-Pflanzen in anderen Regionen zeigen, dass unter bestimmten Umständen resistente Schädlinge schon nach wenigen Jahren auftreten können. Bisher sind mindestens zwanzig Fälle weltweit bekannt, in denen Schädlinge im Feld Resistenzen gegen das Bt-Konzept hervorgebracht haben (Stand April 2021).
Dennoch: Auch nach fast fünfundzwanzig Jahren sind in den spanischen Anbaugebieten bei beiden Hauptschädlingen keine resistenten Populationen entstanden. Auch deren Empfindlichkeit gegenüber dem Bt-Protein ist mit der Zeit nicht schwächer geworden. Aus Sicht der Landwirte gibt es daher keinen Grund, wieder zu konventionellen Maissorten und Insektiziden zurückzukehren.
Immer wieder wurden Maisschädlinge auf den spanischen Feldern nach Anzeichen für eine Resistenz untersucht, so eine 2016 veröffentlichte Studie spanischer und amerikanischer Wissenschaftler über den Eulenfalter. Mit Hilfe geeigneter Labortests (Bioassays) wurde ermittelt, ob sich die Empfindlichkeit der auf den Feldern gesammelten Schädlingslarven gegenüber dem Bt-Protein über die Jahre verändert hat. In die Untersuchung flossen auch die seit 1998 regelmäßig erhobenen Daten aus Feldbeobachtungen (Monitoring) ein. Damit konnten über den Zeitraum bis 2013 für die drei großen spanischen Anbauregionen „Resistenz-Raten“ ermittelt werden, die ein Maß für die Empfindlichkeit der Larven darstellen. In fast allen Jahren blieben die Resistenz-Raten niedrig.
Mit mathematischen Modellen errechneten die Wissenschaftler Szenarien und Verläufe für eine mögliche Ausbreitung resistenter Schädlinge. Demnach wäre beim Anbau von MON810 - dem einzigen Bt-Mais, der in Spanien derzeit angebaut wird - unter den gegebenen Anbaubedingungen mindestens erst nach weiteren zwanzig Jahren mit einer Resistenz der Schädlinge zu rechnen.
Eine weitere Studie von 2017 unter Beteiligung spanischer und deutscher Wissenschaftler hat den Maiszünsler unter die Lupe genommen - und zwar nicht nur in Spanien, sondern in allen Ländern Europas, in denen Bt-Mais zwischen 2005 und 2015 angebaut wurde (Tschechien, Deutschland, Italien, Portugal, Slowakei, Rumänien und Spanien). Auch hier wurden Zünslerlarven sowohl auf Feldern mit Bt-Mais, als auch solchen mit konventionellen Sorten gesammelt und anschließend im Labor auf ihre Empfindlichkeit gegenüber Bt-Protein getestet. Es zeigten sich nur geringe Unterschiede zwischen Larven verschiedener Regionen. Auch die Larven aus Spanien und Portugal, den einzigen Ländern wo Bt-Mais bis heute durchgängig angebaut wird, reagierten in den Labortests noch in hohem Maße empfindlich auf das Bt-Protein.
Auch ein neuerer Übersichtsartikel (2021) bestätigt, dass sich in Spanien bis heute immer noch keine resistenten Schädlinge etablieren konnten. Alle drei Studien führen dies insbesondere auf ausreichend große Refugienflächen zurück. Solche Felder mit konventionellem Mais, auf denen sich nicht-resistente Schädlinge vermehren können, verzögern nachweislich die Ausbildung von Resistenzen. Etwa neunzig Prozent der Landwirte halten sich an die Vorgabe, genügend Refugienflächen anzulegen. Eine zusätzliche Maßnahme zur Verhinderung von Resistenzen ist, Sorten mit ausreichend hoher Bt-Konzentration in der Pflanze zu wählen, so dass möglichst alle Schädlinge abgetötet werden, auch diejenigen, die erst ein Resistenz-Allel in ihrem Genom tragen, also heterozygot, also noch nicht dauerhaft resistent sind.
Damit Bt-Mais nicht seine Wirksamkeit einbüßt, müssen die spanischen Landwirte die Maßnahmen für das Resistenzmanagement weiterhin einhalten und möglicherweise sogar noch ausweiten. So könnte die Anlage von Refugienflächen auch bei kleineren Maisfeldern bis fünf Hektar verpflichtend werden, was bisher nicht vorgeschrieben ist.
Eine weitere Strategie, um einer Resistenzbildung vorzubeugen, wäre der Anbau von neuen Bt-Mais-Sorten, welche mehrere Varianten des Bt-Proteins (Stacked Genes enthalten und damit für die Schädlinge nur schwer zu überwinden sind. In Nord- und Südamerika werden solche seit Jahren angebaut, nicht jedoch in Europa. Der einzige hier erlaubte Bt-Mais (MON810) stammt noch aus der „Steinzeit“ der Gentechnik, die Zulassung erhielt er bereits 1998. Anträge auf Anbauzulassungen für weitere Bt-Maissorten-Sorten liegen in der EU seit Jahren auf Eis.
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Im Web
- Álvarez-Alfageme, F. et al. (2021): Managing resistance evolution to transgenic Bt maize in corn borers in Spain. Critical Reviews in Biotechnology
- Thieme T.G.M. et al. (2017) Ten years of MON 810 resistance monitoring of field populations of Ostrinia nubilalis, in Europe, Journal of Applied Entomology
- Castañera P. et al. (2016) Sixteen Years of Bt Maize in the EU Hotspot: Why Has Resistance Not Evolved? PLoSONE 11(5)
- Bt maize cultivation in Spain offsets the emission of 57,000 tonnes of CO2 each year; FundaCion Antama
- Francisco J, Areal and Laura Riesgo, Sustainability of Bt maize in Spain (1998-2021): An economic, social and environmental analysis, April 2022; Fundacion Antama