Pflanzen im Freilandversuch

Nur wenige Freilandversuche in der EU - die meisten mit CRISPR-editierten Pflanzen

In der EU wurden 2024 bislang sechs Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen neu angemeldet, 2023 waren es insgesamt elf. Damit setzt sich die Tendenz der Vorjahre fort: Die Anzahl der bei der zuständigen Stelle in Brüssel registrierten Freisetzungen hat sich auf niedrigem Niveau eingependelt. Immer öfter werden Pflanzen im Freiland getestet, die mit der Gen-Schere CRISPR/Cas verändert wurden. Inzwischen sind dies mehr als die Hälfte. In Deutschland gibt es seit 2013 keine Freilandversuche mehr.

Freisetzungen EU Stand: Mai 2024

Freisetzungen EU 2008-2024. Anzahl der von den Mitgliedstaaten in einem Jahr neu eingereichten Anträge. 2024 wurden bislang sechs Freisetzungen beantragt. (Stand: Mai 2024)

Freisetzungen Deutschland Stand: Mai 2024

Freisetzungen in Deutschland 2005-2024. Anzahl der Standorte (durchgeführte Freisetzungen)

Freilandversuche:
Rechtsvorschriften in Europa

Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen werden in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten geprüft und - falls keine Gefahren für Mensch und Umwelt bestehen - genehmigt. Die nationalen Behörden melden die Anträge bei der EU-Kommission. Ein Antrag kann Freilandversuche mit einer bestimmten gv-Pflanze an mehreren Standorten und über mehrere Jahre umfassen.

2024 verzeichnet die EU-Kommission bislang sechs neu beantragte Freisetzungen mit gentechnisch veränderten (gv-)Pflanzen. 2023 waren es insgesamt elf. Die EU-Mitgliedstaaten müssen jeden Antrag - unabhängig davon, ob er später genehmigt und dann auch tatsächlich durchgeführt wird - an die EU-Kommission melden.

Inzwischen geht es bei den Anträgen überwiegend um Pflanzen, die mit der Genschere CRISPR/Cas verändert wurden. Solche genom-editierten Pflanzen gelten in der EU immer noch als GVO (gentechnisch veränderter Organismus) und fallen somit unter das seit mehr als 25 Jahren geltende Gentechnik-Recht.

Drei der 2024 gemeldeten Anträge kommen aus Belgien, je einer aus Dänemark, Schweden und Italien. In der Regel handelt es sich dabei um Forschungsprojekte. Untersucht wird, ob die unter Labor- und Gewächshausbedingungen entwickelten Pflanzen auch im Freiland die beabsichtigten Eigenschaften zeigen.

Das belgische Forschungsinstitut VIB (Vlaams Interuniversitair Instituut voor Biotechnologie) testet Mais im Freiland, der die Futterverwertung verbessern soll. Mit der Genschere CRISPR/cas wurden Mutationen in drei Genen ausgelöst, die an der Biosynthese von Lignin beteiligt sind. Die Pflanzen haben einen geringeren Ligningehalt in ihren Zellwänden, was zu einer besseren Verdaulichkeit des Maises führt.

Bei zwei weiteren Anträgen des VIB geht es um die Freisetzung von Pappeln. Auch bei diesen Projekten ist die Reduktion von Lignin bzw. die Veränderung des Lignins das Ziel. Die Bäume sollen für den Einsatz als nachwachsender Rohstoff etwa für die Bioethanol-Produktion oder die Papierherstellung eine günstigere Holzzusammensetzung aufweisen. Dabei ist ein reduzierter Lignin-Gehalt von Vorteil. In einem der Projekte wurde ein Gen (TRA2) mit Hilfe der Genschere CRISPR/cas blockiert, was zu einem um 15 Prozent verringerten Lignin-Gehalt führt. In dem zweiten Projekt wurden die Pappeln gentechnisch so verändert, dass zwar die Menge des Lignins gleich bleibt, es sich aber besser abbauen lässt.

Die schwedische SLU (Swedish University of Agricultural Sciences) will von 2024 bis 2029 Aspen für die Grundlagenforschung zur Baumbiologie freisetzen. Hierfür wurden dreizehn verschiedene modifizierte Aspenlinien u.a. mit der Genschere CRISPR/cas erzeugt.

Dänemark hat eine Freisetzung mit Kartoffeln beantragt. KMC, eine Genossenschaft dänischer Stärkekartoffel-Anbauer, setzt damit seine Versuche aus dem Vorjahr fort Eine durch eine CRISPR-Mutation veränderte Kartoffellinie (Ydun) hat eine geringere Krankheitsanfälligkeit bei Befall durch die Kraut- und Knollenfäule (Phytophthora infestans). Hierzu wurde ein bestimmtes Gen (StDMR6-1) stillgelegt.

Die Universität Mailand (Università degli Studi di Milano) hat für 2024 Feldversuche beantragt mit Reis, der eine Resistenz gegen die Reisbräune aufweist. Auch hierbei wurden mit der Genschere drei Gene (Pi21, HMA1, HMA2) stillgelegt.

In den Vorjahren genehmigte Freilandversuche laufen weiter

Das Saatgutunternehmen INARI mit Sitz u.a. in Ghent, Belgien, testet auch 2024 Mais unter Feldbedingungen. Dieser hat durch eine CRISPR-Mutation einen kürzeren Wuchs und damit eine höhere Standfestigkeit.

Die deutsche Firma Nomad Bioscience will mit dem spanischen CTAEX (Centro Tecnológico Nacional Agroalimentario) 2024 erneut gentechnisch veränderten Tabak im Freiland testen. Der Tabak dient als Produktionsorganismus für den Süßstoff Thaumatiin, der laut Firmenangaben zehntausendfach süßer sein soll als gewöhnlicher Haushaltszucker. In die Tabakpflanzen wurde mit klassischer Gentechnik ein Gen aus der Pflanzenart Katamfe (Thaumatococcus daniellii) eingeführt, die Thaumatin natürlicherweise im Samenmantel ihrer Früchte bildet.
Für eine weitere Freisetzung wurde Tabak mit der Genschere CRISPR/cas so verändert, dass er mehr Anatabin, ein Tabak-Alkaloid bildet. Dieses soll wirksam gegen Gelenkschmerzen sein.

Die schwedische Firma SweTree Technologies testet im Freilandversuch verschiedene gv-Pappel-Linien, die eine erhöhte Trockenstress-Toleranz, gesteigertes Wachstum für mehr Biomasse sowie auch Veränderungen im Lignin-Gehalt aufweisen.

In Schweden finden in diesem Jahr auch weitere Freilandversuche mit Kartoffeln statt. Die Swedish University of Agricultural Sciences (SLU) testet verschiedene Kartoffellinien, die eine verbesserte Krankheitsresistenz und einen höheren Ertrag bringen sollen. Auch hier kam bei einer der modifizierten Kartoffellinien die Gen-Schere zum Einsatz.
SLU und Umeå University testen noch bis 2027 Kartoffeln, bei denen es um Stärkezusammensetzung und -qualität geht. Mit CRISPR-gesteuerten Mutationen in drei Genen (GBSS, SSS und SBE) wurden die Kettenlänge und der Verzweigungsgrad der Stärkebestandteile Amylose und Amylopektin verändert.

Auch das lettische Züchtungsunternehmen PESTEVENE setzt Freilandversuche mit Kartoffeln fort. Durch Übertragung von Genen aus einem essbaren Pilz sollen diese besser gegen den Kartoffelkäfer gewappnet sein.

An der schwedischen Umeå University wird die Grundlagenforschung zur Fotosynthese und der Funktion einzelner Pflanzenhormone fortgesetzt. Hierfür werden verschiedene u.a. auch mit CRISPR modifizierte Linien der Modellpflanze Arabidopsis thaliana (Ackerschmalwand) im Freiland getestet.

In Spanien wird von der Asociación Hortofrutícola Grupo Lucas, einem Obst- und Gemüseproduzenten, auch 2024 gv-Brokkoli freigesetzt, der Trockenheit und einen hohen Salzgehalt im Boden besser übersteht. Auch hierbei kam die Genschere CRISPR/Cas zum Einsatz, mit deren Hilfe mehrere Gene (AB|1, HAB 1, GSTU 17) blockiert wurden.

In Tschechien und Island werden Freilandversuche fortgesetzt, bei denen Gerste als Produktionsorganismus für bestimmte Stoffe eingesetzt wird. Das isländische Biotech-Unternehmen ORF Genetics testet Gerste, die bestimmte Proteine, sogenannte Wachstumsfaktoren produziert. Diese werden etwa in der Stammzell-basierten Forschung und bei Fleisch aus Zellkulturen eingesetzt. Tschechien setzt gentechnisch veränderte Gerste frei, die das antibakterielle Peptid LL-37 produziert. Es ist Teil der Immunantwort von Körperzellen und spielt z.B. bei der Wundheilung eine Rolle.

Das belgische Forschungsinstitut VIB (Vlaams Interuniversitair Instituut voor Biotechnologie) testet auch 2024 mit CRISPR veränderte Maislinien im Freiland. Dabei geht es um eine verbesserte Stress- bzw. Trockentoleranz.

An der Universität Wageningen startete 2016 eine Freisetzung mit cisgenen Apfelbäumen. Durch Veränderung der Anthocyan-Biosynthese bilden sie mehr roten Farbstoff, einen sekundären Pflanzenstoff, der als gesundheitsfördernd gilt. Der Versuch ist noch bis 2026 geplant.

Laufende Freilandversuche in der EU 2024:*

Apfel Niederlande mehr roter Farbstoff (Anthocyan)
Arabidopsis Schweden Grundlagenforschung Fotosynthese (u.a. mit CRISPR)
Brokkoli Spanien erhöhte Trocken- und Salztoleranz (mit CRISPR)
Gerste Tschechien Produktion von antibakteriellem LL-37
Island Molecular Farming: Wachstumsfaktoren für Stammzell-basierte Forschung und Fleisch aus Zellkulturen
Kartoffel Schweden verbesserte Stärkequalität und Krankheitsresistenz (mit CRISPR)
Krankheitsresistenz, Ertragssteigerung (u.a. mit CRISPR)
Grundlagenforschung Pilzresistenz (Genome Editing und RNAi)
Dänemark Resistenz gegen Kraut- und Knollenfäule (mit CRISPR)
Lettland Resistenz gegen Kartoffelkäfer
Mais Belgien reduzierte Pflanzenhöhe, mehr Biomasse (mit CRISPR)
Stress- und Trockentoleranz (mit CRISPR)
Bessere Verdaulichkeit (mit CRISPR)
Pappel, Aspen Schweden Grundlagenforschung Baumbiologie (u.a. mit CRISPR)
Trockenstress-Toleranz, mehr Biomasse (u.a. mit CRISPR)
Lignin-Reduktion (mit CRISPR)
Grundlagenforschung Wachstumsregulation
Belgien weniger Lignin, mehr Zellulose (u.a. RNAi), verbesserte Abbaubarkeit von Lignin
Pflaume Rumänien
Tschechien
Virusresistenz (Plum Pox Virus)
Reis Italien Resistenz gegen Reisbräune (mit CRISPR)
Tabak Spanien|Produktion von Thaumatin (Süßstoff)
erhöhte Anatabin-Produktion (Tabak-Alkaloid) mit CRISPR

* Bei der EU-Kommission 2024 gemeldete Freisetzungen. Das bedeutet nicht, dass diese auch tatsächlich durchgeführt werden.