Weizen mit DNA-Helix

Wieder mehr Freilandversuche in der EU – die meisten mit CRISPR-editierten Pflanzen

In der EU wurden 2025 bislang sieben Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen neu angemeldet, 2024 waren es insgesamt 18. Die Anzahl der bei der zuständigen Stelle in Brüssel registrierten Freisetzungen hat sich zwar auf niedrigem Niveau eingependelt, ist aber in der Tendenz wieder steigend. Immer öfter werden Pflanzen im Freiland getestet, die mit der Gen-Schere CRISPR/Cas verändert wurden. Inzwischen sind dies mehr als zwei Drittel. In Deutschland gibt es seit 2013 keine Freilandversuche mit gv-Pflanzen mehr.

Freisetzungen EU Stand: März 2025

Freisetzungen von gv-Pflanzen EU 2008-2025. Anzahl der von den Mitgliedstaaten in einem Jahr neu eingereichten Anträge. 2025 wurden bislang sieben Freisetzungen beantragt. (Stand: März 2025)

Freisetzungen Deutschland 2005 bis 2013

Freisetzungen in Deutschland 2005-2013. Anzahl der Standorte (durchgeführte Freisetzungen)
In Deutschland gibt es seit 2013 keine Freisetzungen mehr.

Freilandversuche:
Rechtsvorschriften in Europa

Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen werden in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten geprüft und - falls keine Gefahren für Mensch und Umwelt bestehen - genehmigt. Die nationalen Behörden melden die Anträge bei der EU-Kommission. Ein Antrag kann Freilandversuche mit einer bestimmten gv-Pflanze an mehreren Standorten und über mehrere Jahre umfassen.

Grafik oben: Bing Image Creator

2025 verzeichnet die EU-Kommission bislang sieben neu beantragte Freisetzungen mit gentechnisch veränderten (gv-)Pflanzen. 2024 waren es 18. Die EU-Mitgliedstaaten müssen jeden Antrag – unabhängig davon, ob er später genehmigt und dann auch tatsächlich durchgeführt wird – an die EU-Kommission melden.

Inzwischen geht es bei den Anträgen überwiegend um Pflanzen, die mit neuen genomischen Techniken (NGT) wie der Genschere CRISPR/Cas verändert wurden. Anders als in vielen Ländern gelten solche Pflanzen in der EU immer noch als GVO (gentechnisch veränderter Organismus) und fallen somit unter das seit mehr als 25 Jahren geltende Gentechnik-Recht.

Doch das könnte sich bald ändern: Nach dem Vorschlag der EU-Kommission sollen künftig einfache editierte Pflanzen ohne neu eingefügte Fremdgene (NGT1) bei der jeweiligen nationalen Behörde nur noch angemeldet werden. Noch ist nicht absehbar, wann diese Reform rechtskräftig wird.

Drei der 2025 bis März gemeldeten Anträge für GVO-Freisetzungen kommen aus Spanien, je einer aus Italien, Belgien, Tschechien und Schweden. In der Regel handelt es sich dabei um Forschungsprojekte. Untersucht wird, ob die unter Labor- und Gewächshausbedingungen entwickelten Pflanzen auch im Freiland die beabsichtigten Eigenschaften zeigen.

  • Die spanische Univerity of Lleida hat zwei Anträge für die Freisetzung von Reis eingereicht. Das ist zum einen Reis, in den ein Gen aus Algen eingefügt wurde. Damit soll eine Ertragssteigerung erreicht werden. Zum andern wurde in Reis mit Hilfe der Genschere CRISPR/Cas ein Gen (BSR-d1) blockiert. Das Verhalten dieser Reispflanzen im Feld soll untersucht werden.
  • Bei einem weiteren Antrag aus Spanien geht es um die Freisetzung einer herbizidresistenten Sojabohne durch das Saatgutunternehmen INARI zum Zwecke der Saatgutvermehrung.
  • Die Universität Mailand (Università degli Studi di Milano) hat für 2025 erneut Feldversuche beantragt mit Reis, der eine Resistenz gegen die Reisbräune aufweist. Hierbei wurden mit der Gen-Schere CRISPR/Cas drei Gene (Pi21, HMA1, HMA2) stillgelegt.
  • Das belgische Forschungsinstitut VIB (Vlaams Interuniversitair Instituut voor Biotechnologie) testet 2025 Mais im Freiland, bei dem durch Stilllegung zweier Gene (GRF10 und TCP42) mit Hilfe der Gen-Schere eine Ertagssteigerung erreicht werden soll.
  • An der schwedischen Umeå University wird die Grundlagenforschung zur Fotosynthese und der Funktion einzelner Pflanzenhormone fortgesetzt (bis 2029). Hierfür werden verschiedene u.a. auch mit CRISPR modifizierte Linien der Modellpflanze Arabidopsis thaliana (Ackerschmalwand) im Freiland getestet.
  • Die tschechische Academy of Sciences plant bis 2028 Freisetzungen mit Gerste, bei der durch eine CRISPR-Mutation in einem Gen (HvPIL) die Regulation des Pflanzenwachstums beeinflusst wird.

Einige für 2025 geplante Freisetzungen wurden bereits 2024 beantragt

So will die deutsche Firma Nomad Bioscience mit dem spanischen CTAEX (Centro Tecnológico Nacional Agroalimentario) 2025 erneut gentechnisch veränderten Tabak im Freiland testen. Der Tabak dient als Produktionsorganismus für den Süßstoff Thaumatin, der laut Firmenangaben zehntausendfach süßer sein soll als gewöhnlicher Haushaltszucker. In die Tabakpflanzen wurde mit klassischer Gentechnik ein Gen aus der Pflanzenart Katamfe (Thaumatococcus daniellii) eingeführt, die Thaumatin natürlicherweise im Samenmantel ihrer Früchte bildet. – Für eine weitere Freisetzung wurde Tabak mit der Gen-Schere CRISPR/Cas so verändert, dass er mehr Anatabin, ein Tabak-Alkaloid bildet. Dieses soll wirksam gegen Gelenkschmerzen sein.

Drei weitere Anträge kamen 2024 aus Spanien. Das Unternehmen Pioneer Hi-Bred plant für 2025 Freilandversuche mit Mais. Das ist zum einen so genannter Wachsmais, der durch Stilllegung eines Gens (Wx1) Körner mit hohem Amylopektin-Gehalt bildet, was vor allem für verschiedene industrielle Anwendungen von Vorteil ist. Zum andern sind es Maislinien, die durch Modifikation einzelner Gene bzw. das Einfügen von Maisresistenzgenen (cisgen) die Pflanzen resistenter gegen Maiskrankheiten wie die Maisblattfäule machen (DL- und NLB18-Mais). Hier wurde bei allen drei Maislinien die Veränderung mit der Genschere CRISPR/Cas herbeigeführt. – Auch die Firma Corteva Agriscience Belgien will 2025 und 2026 diese drei verschiedenen mit CRISPR/Cas entwickelten Maislinien (waxy, NLB18, DL) freisetzen.

Bei zwei Anträgen aus Italien geht es um Freilandversuche mit Chardonnay-Wein, die ab 2025 geplant sind. Das Forschungsinstitut Fondazione Edmund Mach hat mit CRISPR-Punktmutationen erreicht, dass die Pflanzen mehr des Phytohormons Salicylsäure bilden, was die Krankheitsresistenz erhöht. Das Unternehmen EdiVite plant Freilandversuche mit Wein, der durch Stilllegung eines Gens weniger anfällig ist für Falschen Mehltau. Auch hierbei kam die Gen-Schere CRISPR/Cas zum Einsatz.

Laufende Freilandversuche in der EU 2025:*

Apfel Niederlande mehr roter Farbstoff (Anthocyan)
Arabidopsis Schweden Grundlagenforschung Fotosynthese (u.a. mit CRISPR)
Brokkoli Spanien erhöhte Trocken- und Salztoleranz (mit CRISPR)
Gerste Tschechien Produktion von antibakteriellem LL-37
Regulation Pflanzenwachstum (mit CRISPR)
Island Molecular Farming: Wachstumsfaktoren für Stammzell-basierte Forschung und Fleisch aus Zellkulturen
Kartoffel Schweden verbesserte Stärkequalität, weniger ungesunde Inhaltsstoffe, Krankheitsresistenz (mit CRISPR)
Krankheitsresistenz, Ertragssteigerung (u.a. mit CRISPR)
Grundlagenforschung Pilzresistenz (Genome Editing und RNAi)
Dänemark Resistenz gegen Kraut- und Knollenfäule (mit CRISPR)
Lettland Resistenz gegen Kartoffelkäfer
Mais Belgien Wachsmais, Pilzresistenz (mit CRISPR)
Ertragssteigerung (mit CRISPR)
Bessere Verdaulichkeit (mit CRISPR)
Spanien Resistenz gegen Maisblattfäule und Maisrost, Wachsmais für industrielle Nutzung (mit CRISPR)
Pappel, Aspen Schweden Grundlagenforschung Baumbiologie (u.a. mit CRISPR)
Trockenstress-Toleranz, mehr Biomasse (u.a. mit CRISPR)
Lignin-Reduktion (mit CRISPR)
Belgien weniger Lignin, mehr Zellulose (u.a. RNAi)
Lignin-Reduktion
Pflaume Rumänien
Tschechien
Virusresistenz (Plum Pox Virus)
Spanien transgene Pflaumen-Wurzelstöcke als Unterlage für Pfirsich, Aprikose, kräftiger und fitter bei Wassermangel
Reis Italien Resistenz gegen Reisbräune (mit CRISPR)
Spanien Grundlagenforschung (mit CRISPR)
Ertragssteigerung (Gen aus Algen)
Sojabohne Spanien Herbizidresistenz, Saatgutvermehrung
Tabak Spanien Produktion von Thaumatin (Süßstoff)
erhöhte Anatabin-Produktion (Tabak-Alkaloid) (mit CRISPR)
Tomate Italien Unkrautresistenz, (mit CRISPR)
Wein Italien Pilzresistenz bei Chardonnay (mit CRISPR)

* Bei der EU-Kommission für 2025 gemeldete Freisetzungen. Das bedeutet nicht, dass diese auch tatsächlich durchgeführt werden.