Gentechnik-Lebensmittel in den USA: Ein bisschen Kennzeichnung
(08.07. / 29.07.2016) In den USA wird es wohl nun doch eine Kennzeichnung für Gentechnik-Lebensmittel geben. Entsprechende Hinweise können über Barcodes auf den Produkten oder Telefon-Hotlines geliefert werden. Das hat der US-Senat in dieser Woche beschlossen - ein „Meilenstein für die Agro-Biotechnologie“, so das Magazin Agri-Pulse. Sowohl die großen Landwirtschafts-Verbände als auch der Bio-Handel begrüßten den ausgehandelten Kompromiss. Ausdrücklich ausgenommen sind Pflanzen, die mit Hilfe neuer Züchtungstechniken wie Genome Editing oder CRISPR-Cas erzeugt wurden.
Kennzeichnung light.
Die künftigen Kennzeichnungsvorschriften beziehen sich auf die jeweiligen Haupt-Zutaten eines Lebensmittel. Lebensmittels, die ein GVO sind wie etwa gv-Lachs, sind kennzeichnungspflichtig, nicht jedoch Fleisch und Milchprodukte im Hinblick auf GVO-Futtermittel. Auch Restaurants und „sehr kleine“ Lebensmittelerzeuger sind generell ausgenommen.
Die einzelnen US-Bundesstaaten können festelegen, ob und wie sie Verstöße gegen die neuen Bestimmungen bestrafen.
Das Gesetz bezieht sich auf die klassische Gentechnik, bei der „fremde“ Gene in Organismen eingeführt werden. Neue Züchtungsverfahren wie Genome Editing (TALEN, CRISPR/Cas etc.) fallen ebensowenig unter das geplante Gesetz wie das gezielte Abschalten einzelner Gene (etwa RNAi).
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Nun also doch: Mit großer Mehrheit hat der US-Senat einer zuvor im Agrarausschuss ausgehandelte Gesetzesinitiative zur Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebensmittel zugestimmt. Anders als etwa in Europa müssen die Lebensmittelhersteller auf ihren Produkten jedoch nicht explizit angeben, wenn sie Zutaten aus GVO (gentechnisch veränderte Organismen) enthalten. Sie können dazu ihre Produkte mit einem QR- oder Barcode versehen, der mit dem Smartphone gescant werden kann und so zu einer Web-Seite mit weiteren Informationen leitet. Das kann auch über eine Telefon-Hotline, ein noch festzulegendes Symbol oder einen Textzusatz auf dem Etikett geschehen. Vor allem die großen Lebensmitteunternehmen hatten sich für das Konzept mit Barcode stark gemacht.
Die demokratische Senatorin Debbie Stabenow (Michigan), die den erzielten Kompromiss ausgehandelt hatte, feierte ihn als „Sieg für Farmer und Verbraucher“. Sie habe für eine Regelung gekämpft, „die sich auf den wissenschaftlichen Konsens stützt, dass GVO-Lebensmittel sicher sind, und zugleich den Verbrauchern das Recht einräumt, wissen zu wollen, was in ihren Lebensmittel ist.“ Zudem würde mit einem US-einheitlichen Gesetz, ein „verwirrendes Patchwork von fünfzig unterschiedlichen Regelungen für jeden einzelnen Bundesstaat verhindert“, so Stabenow.
Als erster US-Bundestaat hatte Vermont vor zwei Jahren eine eigene Gentechnik-Kennzeichnung beschlossen. Am 1. Juli trat das Gesetz dort in Kraft - und spätestens da wurden die Probleme deutlich, wenn innerhalb des US-weiten Marktes einzelne Bundesstaaten bei der Kennzeichnung lebensmittelrechtliche Sonderwege einschlagen. Einige große Lebensmittelhersteller wie etwa Kellogg’s oder Campbell hatten bereits angekündigt, US-weit ihre Produkte nach den Vorschriften in Vermont zu kennzeichnen, andere räumten ihre Produkte aus den Regalen der dortigen Supermärkte. Vermont hatte den politischen Druck noch einmal verschärft, endlich eine nationale Regelung für die Gentechnik-Kennzeichnung zu finden.
Der im Senat gefundene Kompromiss stieß auf große Zustimmung - nicht nur bei den großen Verbänden der Lebensmittelhersteller und der Landwirtschaft, sondern auch bei den Öko-Verbänden. Es sei der Durchbruch zu einer verbindlichen GVO-Kennzeichnung für die ganze Nation, applaudierte die Organic Trade Association. Die Gesetzesinitiative enthalte „hervorragende Bestimmungen für Bio-Bauern und -Hersteller - und für Millionen von Verbrauchern, die sich jeden Tag für Bio-Produkte entscheiden.“ Von der US-Landwirtschaftsbehörde zertifizierte Bio-Produkte dürfen künftig ohne weiteren Nachweis als „ohne Gentechnik“ gekennzeichnet werden.
Scharfe Kritik kam dagegen von Verbraucherorganisationen und dem gentechnik-kritischen Flügel der Demokraten. Das Gesetz solle besser mit „Recht-auf-Nichtwissen“ überschrieben werden, meinte etwa Barbara Boxer, bekannte linke Senatorin aus Kalifornien und spielte damit auf die indirekte Information über den Barcode und mögliche, bisher nicht genauer festgelegte Ausnahmen an. Weitergehende Vorschriften einzelner Bundesstaaten wie in Vermont wären mit einem US-weiten Gesetz nicht mehr erlaubt.
Noch ist der Beschluss des Senats kein Gesetz. Nun muss noch die zweite Kammer des US-Kongresses, das Repräsentatenhaus, darüber beraten. Deren Mitglieder haben sich bisher mehrheitlich gegen eine verpflichtende Kennzeichnung ausgesprochen. Dennoch rechnen viele Beobachter damit, dass sich die im Senat gefundene Linie am Ende durchsetzt. Dann hat die US-Landwirtschaftsbehörde zwei weitere Jahre Zeit, das Gesetz im Einzelnen auszuarbeiten.
Aktueller Nachtrag (15.07.2016): Auch das Repräsentantenhaus hat inzwischen der Gesetzes-Initiative des Senats zugestimmt.
(29.07.2016) Präsident Barack Obama hat das Gesetz für eine verbindliche Gentechnik-Kennzeichnung unterzeichnet. Die Landwirtschaftsbehörde USDA muss nun innerhalb von zwei Jahren detaillierte Vorschriften dafür erarbeiten.
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Themen
Im Web
- Senate passes GMO-labelling bill; Nathanael Johnson, Grist, 06.07.2016
- G.M.O. Labeling Bill Clears First Hurdle in Senate, New York Times, 06.07.2016
- GMO disclosure advances on crucial Senate vote, Philip Basher, Agri-Pulse, 06.07.2016
- Roberts, Stabenow reach deal on GMO labeling, Philip Basher, Agri-Pulse, 06.07.2016
- Obama signs historic GMO labeling bill, Agri-pulse, 29.07.2016
- USDA/AMS, GMO Disclosure & Labeling