Kartoffel
Anbau-Zulassungen | USA (1994-1999, 2014, 2015, 2016, 2019), Kanada, Argentinien (2015) |
---|---|
Anbau | USA (1999-2001, seit 2015), Kanada, Rumänien (1999) |
Forschung | Pilzresistenz, Virusresistenz, veränderte Produkteigenschaften |
Freilandversuche | EU: 325 (17 Länder) USA: mehr als 1000, zahlreiche weitere Länder |
Kartoffel Info
Anbauflächen weltweit 2020. In China werden mit großem Abstand die meisten Kartoffeln angebaut.
Weniger Appetit auf Kartoffeln: Jeder Deutsche verzehrt heute nur noch ein Drittel so viele Speisekartoffeln wie 1950, und davon mehr als die Hälfte in Form verarbeiteter Produkte.
Kartoffeln werden weltweit von den gemäßigten Klimaregionen bis in die Subtropen angebaut. Hauptanbauländer sind China, Russland, Indien, die Ukraine, die USA, Deutschland und Polen.
Der Verzehr von Kartoffeln geht in Deutschland seit Langem zurück. Um 1900 verspeiste jeder Deutsche durchschnittlich 285 Kilogramm im Jahr, heute nur noch etwa 53, davon mehr als die Hälfte industriell verarbeitete Produkte wie Püree, Pommes frites, Chips, Snacks, Fertiggerichte.
Etwa 15 Prozent der in Deutschland geernteten Kartoffeln gehen in die Stärkeindustrie. Kartoffelstärke ist die Basis für unzählige Lebensmittelzutaten (Verdickungs- und Bindemittel) und Grundstoff für den Prozess der Stärkeverzuckerung, aus dem zahlreiche Zutaten und Zusatzstoffe hervorgehen.
Neben der Verwendung als Lebensmittel wird Kartoffelstärke auch genutzt
- als Nachwachsender Rohstoff (30 %) zur Herstellung von Kleb- und Schmierstoffen, Papier, Wellpappe und Verpackungen sowie Baustoffen,
- zur Energiegewinnung durch Umwandlung in Ethanol und Methan.
Großes Foto oben: BASF Plant Science
Gentechnik
Beispiele Forschung und Entwicklung (Gentechnik, neue Züchtungsverfahren)
Resistenz gegen die Kraut- und Knollenfäule. Die Krankheit wird ausgelöst durch den Pilz Phytophthora infestans. Sie führt zu Ernteausfällen von etwa 20 Prozent und ist nur schwer zu bekämpfen. In der Regel werden gegen den Pilz chemische und andere Pflanzenschutzmittel (Fungizide) eingesetzt.
Die Kraut- und Knollenfäule erfordert einen hohen Einsatz von Pflazenschutzmitteln (Fungizide). Weit mehr als bei anderen Ackerkulturen.
An der Universität Wageningen in den Niederlanden wurden Phytophthora-resistente gv-Kartoffel durch Übertragung von Genen aus Wildkartoffeln entwickelt. Die eingeführten Gene und Genelemente stammen ausschließlich aus dem Genpool der Kartoffel (cisgen). Die cisgenen Kartoffeln wurden über mehrere Jahre im Freiland getestet und zeigten eine hohe Resistenz - insbesondere dann, wenn mehrere Resistenzgene kombiniert wurden.
In den USA hat ein Unternehmen (J.R. Simplot Company) in Zusammenarbeit mit europäischen Forschungsreinrichtungen ebenfalls eine cisgene Kartoffel mit Phytophthora-Resistenz entwickelt. Eine erste Kartoffellinie mit dieser Eigenschaft wurde 2015 zugelassen. In Kanada folgte die Zulassung 2017. Neben der Pilzresistenz besitzen diese Kartoffeln noch eine Reihe weiterer neuer Eigenschaften wie etwa eine reduzierte Acrylamid-Bildung beim Erhitzen (s. weiter unten).
Für eine Phytophthora-resistente gv-Kartoffel (Fortuna) der Firma BASF Plant Science wurde 2011 in der EU ein Zulassungsantrag für den Anbau eingereicht. Auch bei dieser Kartoffel ging die Resistenz auf zwei eingeführte Gene aus Wildkartoffeln zurück. Der Antrag wurde 2013 jedoch von Seiten des Unternehmens gestoppt. Eine Markteinführung in Europa wird nicht mehr angestrebt.
Auch in einigen asiatischen Ländern (Indien, Bangladesch, Indonesien) und in Uganda wird an Kartoffeln gearbeitet, die resistent gegen die Kraut- und Knollenfäule sind. Ein oder mehrere Resistenzgene aus Wildkartoffeln wurden in jeweils lokal angepasste Sorten eingekreuzt.
Inzwischen gibt es auch Ansätze, mit Hilfe von Genome Editing resistente Kartoffeln zu entwickeln. Ein Forschungsteam aus Schweden hat mit der Gen-Schere CRISPR/Cas zwei Gene bei einer Kartoffelsorte ausgeschaltet. Die editierten Kartoffeln zeigten sich im Labor deutlich weniger anfällig gegenüber Phytophthora, während das Wachstum unbeeinflusst blieb. Nun sollen Tests unter Freilandbedingungen folgen.
Auch in Forschungsprojekten im Iran und in China wird die Gen-Schere genutzt, um gezielt Gene auszuschalten, die am Infektionsprozess beteiligt sind. In Laboruntersuchungen zeigte sich, dass die editierten Kartoffelpflanzen deutlich resistenter gegenüber P. infestans waren als herkömmliche Kartoffeln. Das Wachstum blieb unbeeinflusst. Nun muss noch getestet werden, ob die Resistenz auch unter Freilandbedingungen bestehen bleibt.
Resistenzen gegen verschiede Viren etwa gegen das Potato Virus Y (PVY) oder das Blattrollvirus (Leaf roll virus, PLRV), beide Auslöser von Pflanzenkrankheiten. In Argentinien wurde im Oktober 2015 eine gegen PVY resistente Kartoffel für den Anbau zugelassen.
Resistenz gegen Schädlinge wie den Kartoffelkäfer (durch Übertragung von Genen für Bt-Proteine) oder Kartoffelzystennematoden.
Ende der 1990er Jahre wurden in den USA mehrere gv-Kartoffellinien mit Resistenzen gegen den Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata) für den Anbau zugelassenen. Einige der Kartoffeln waren zusätzlich resistent gegen das Blattrollvirus. Allerdings konnten die Kartoffeln (Markenname New Leaf) die Erwartungen der Landwirte nicht erfüllen. Außerdem wollten einige große verarbeitende Unternehmen die gv-Kartoffeln nicht abnehmen. Deshalb wurde der Anbau 2001 wieder eingestellt.
Das schwedische Startup-Unternehmen SolEdits arbeitet mit Hilfe der Gen-Schere CRISPR/Cas an der Entwicklung von Kartoffeln, die gegen Kartoffelzystennematoden, einen im Kartoffelanbau gefürchteten Wurzelschädling, resistent sind. Die Nematoden sind weit verbreitet und können zu hohen Ertragsverlusten führen.
Acrylamid-reduzierte Kartoffeln. Das potenziell krebsauslösende Acrylamid entsteht bei Brat- und Bräunungsvorgängen von Kartoffelprodukten unter sehr hohen Temperaturen. Asparagin, eine Aminosäure, ist an der Acrylamid-Bildung beteiligt. In den USA wurde von der J.R. Simplot Company eine gv-Kartoffel auf den Markt gebracht, bei der durch Abschalten mehrerer Gene (RNAi-Technik) die Bildung von Asparagin sowie bestimmter Zucker reduziert wurde. Dadurch sollen Fritten oder Kartoffelchips mit weniger Acrylamid belastet sein. Außerdem wurden durch Abschalten eines weiteren Gens schwarze Druckstellen verringert. Verschiedene Events dieser Kartoffel (Innate-Kartoffel 1. Generation) wurden im November 2014 in den USA und im März 2016 in Kanada für den Anbau zugelassen.
An der University of the Punjab in Pakistan wurde in Kartoffeln ein Gen mit Hilfe von CRISPR/Cas abgeschaltet, wodurch die bei kühler Lagerung auftretende Umwandlung von Stärke in Zucker reduziert werden konnte. Diese durch Kälte induzierte Verzuckerkung der Kartoffeln ist unerwünscht, da beim Braten solcher zuckerreichen Kartoffeln krebserregendes Acrylamid entsteht und die Kartoffeln bitter schmecken. - Auch ein Projekt an der Universität von Kalifornien hat zum Ziel, durch das Abschalten mehrerer Gene diesen Prozess zu verhindern.
Geringerer Solaningehalt. Solanin ist ein Alkaloid, das vor allem in Nachtschattengewächsen wie Tomaten und Kartoffeln gebildet wird und schwach giftig ist.
Es sind etliche Kartoffeln in der Entwicklung, bei denen mit Hilfe der Genome Editing-Methoden TALEN und CRISPR/Cas die Produkteigenschaften verändert wurden, so auch Kartoffeln mit geringerem Solaningehalt, aber auch Kartoffeln, die weniger schwarze Druckstellen bilden, besser lagerfähig sind oder nach dem Anschneiden weniger braun werden. Einige dieser genom-editerten Kartoffeln wurden von der US-Landwirtschaftsbehörde bereits als Nicht-GVO (gentechnisch veränderter Organismus) eingestuft und dürfen somit ohne Auflagen vermarktet werden.
Geringere Braunfärbung nach dem Anschneiden. Die Firma ToolGen hat mit gentechnischen Methoden ein Gen für ein Enzym ausgeschaltet, das für das Braunwerden nach dem Anschneiden der Kartoffeln verantwortlich ist. Die „nicht-bräunenden“ gv-Kartoffeln sind seit 2022 in den USA freigegeben und fallen nicht unter die Regularien, die für GVO gelten.
Stärke-Kartoffel. Die Kartoffel bildet Stärke in zwei verschiedenen Formen: Amylose und Amylopektin. Die Stärkeindustrie benötigt je nach Verwendungszweck entweder Amylose- oder Amylopektinstärke. Für viele industrielle Anwendungen (z.B. Grundstoff für Folien, Kleister, Verpackung), aber auch für bestimmte Stärkezutaten ist vor allem die Amylopektinstärke von Interesse. Mit Hilfe der Gentechnik sind Kartoffeln erzeugt worden, die ausschließlich Amylopektin enthalten. Die Trennung der beiden Stärketypen, die heute in einem aufwändigen Verfahren durchgeführt werden muss, könnte entfallen.
Schon 2010 wurde eine solche gv-Stärkekartoffel der Firma BASF Plant Science mit dem Markennamen Amflora in der EU zugelassen und 2010 und 2011 in Tschechien, Schweden und Deutschland angebaut. 2012 stellte BASF die Vermarktung der Amflora-Kartoffel jedoch ein. 2013 wurde die Zulassung vom Europäischen Gerichtshof für unrechtmäßig erklärt.
Inzwischen ist es auch mit Genome Edting möglich, Gene im Biosyntheseweg von Amylose und Amylopektin gezielt auszuschalten, so dass nur noch Amylopektin gebildet wird. Mit herkömmlichen Methoden ist dies schwierig, da Kartoffeln einen vierfachen Chromosomensatz haben (tetraploid), d.h. von jedem Gen liegen vier Kopien vor. Das Auschalten aller vier Kopien eines Gens ist mit der Gen-Schere CRISPR/Cas gezielt möglich. Die schwedische Firma Lyckeby Starch AB hat solche amylose-freien CRISPR-Kartoffeln entwickelt und für 2019 bis 2023 Freisetzungsversuche beantragt. Die erhoffte baldige Vermarktung ist allerdings in der EU vorerst nicht möglich, da die Kartoffeln die aufwändige und teure Gentechnik-Regulierung durchlaufen müssten. Auch eine Genossenschaft dänischer Stärkekartoffel-Anbauer (KMC) testet 2023 Kartoffeln (Waxy Wotan, K33) im Freiland, die den Stärkebestandteil Amylose nicht bilden. Dies wurde erreicht, indem mit der Gen-Schere ein Gen (StGBSS) blockiert wurde.
Höherer Stärkegehalt. In Spanien wurden 2017 und 2019 Freisetzungen beantragt mit gentechnisch veränderten Kartoffeln, die mehr Stärke bilden. Das Ziel ist unter anderem, biologisch abbaubaren Kunststoff zu gewinnen.
Zulassungen
Zulassungen von gv-Pflanzen
Weltweit sind etwa 36 Events gentechnisch veränderte Kartoffeln zugelassen, in den einzelnen Ländern unterschiedlich viele.
Zulassungen Kartoffel auf einer größeren Karte anzeigen
Themen
Die Kraut- und Knollenfäule ist ein Riesenproblem im Kartoffelanbau. Auf ihr Konto gegen Milliarden-Verluste. Bisher bleibt den Landwirten kaum anderes übrig, als immer wieder dagegen zu spritzen - auch im Öko-Landbau. Wissenschaftler an der Universität Wageningen (Niederlande) gehen nun neue Wege, um endlich auf Dauer resistente Kartoffeln zu bekommen.
Im Web
- Nourozi M. et al. (2023): CRISPR/Cas StNRL1 gene knockout increases resistance to late blight and susceptibility to early blight in potato. Front. Plant Sci. 14
- Bi W. et al. (2023): CRISPR/Cas9-guided editing of a novel susceptibility gene in potato improves Phytophthora resistance without growth penalty. Plant Biotechnology Journal 22(1)
- Cisgene Kartoffel: Projekt DuRPh (Durable Resistance against Phytophthora through cisgenic marker-free modification). Universität Wageningen
- Late blight resistant potato for Africa
- Gislain M. et al. (2018): Stacking three late blight resistance genes from wild species directly into African highland potato varieties confers complete field resistance to local blight races. Plant Biotechnology Journal 17
- Yasmeen, A. et al. (2022): CRISPR/Cas-mediated knockdown of vacuolar invertase gene expression lowers the cold-induced sweetening in potatoes. Planta 256(107)
- Engineering a ‘CRISPR’ potato (Solanum tuberosum L.) for better nutrition an dreduced food loss. USDA
- USDA approves Toolgen’s reduced-browning GMO potato. Potato News Towday, 17.10.2022
- Kieu N.P. et al. (2021): Mutations introduced in susceptibility genes through CRISPR/Cas9 genome editing confer increased late blight resistance in potatoes. Scientific Reports 11, 4487