Europaparlament: Ausstiegsklausel bei Gentechnik-Anbau beschlossen - Hendricks will lückenloses Verbot
(13.01.2015) Die nationalen Anbauverbote für gentechnisch veränderte Pflanzen sind endgültig beschlossen. Heute hat das Europäische Parlament dem im Dezember ausgehandelten Kompromiss zugestimmt. Die neuen Regelungen sollen im Frühjahr in Kraft treten. Damit können rechtzeitig vor der Aussaat Anbauverbote ausgesprochen werden. Ob in Deutschland solche Verbote bundesweit oder nur in einzelnen Bundesländern gelten sollen, ist noch nicht entschieden. Für ein „lückenloses Verbot“ der Grünen Gentechnik hat sich Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) ausgesprochen.
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) muss nun die EU-Ausstiegsklausel für Deutschland umsetzten. Dazu ist eine Änderung des Gentechnik-Gesetzes erforderlich.
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Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) will ein „lückenloses Verbot der Grünen Gentechnik in Deutschland“.
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Es war nur noch Formsache: Mit 480 gegen 159 Stimmen hat das Europäische Parlament dem zwischen Ministerrat und Parlament ausgehandelten Verfahren für nationale Anbauverbote (opt-out) gentechnisch veränderter Pflanzen zugestimmt. Vor allem die Grünen lehnten den mühsam gefundenen Kompromiss vehement ab. Die neue Regelung gleiche „einem trojanischen Pferd“, das zu mehr Gentechnik-Zulassungen auf EU-Ebene führe, so der Abgeordnete Martin Häusling.
Die neuen Vorschriften - eine Änderung der EU-Freisetzungsrichtlinie - werden zwanzig Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft treten - vermutlich im April. Dann können einzelne Mitgliedsländer noch vor einer Aussaat im Frühjahr nach dem nun beschlossenen Verfahren den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen auf ihrem Gebiet untersagen. Voraussetzung ist allerdings, dass diese zuvor in der EU zum Anbau zugelassen wurden.
Derzeit wird in der EU ausschließlich der Bt-Mais MON810 auf Basis einer bereits 1998 erteilten Zulassung angebaut. Weitere Anträge sind - teilweise seit mehreren Jahren - entscheidungsreif. Nach dem Abschluss der jeweiligen wissenschaftlichen Sicherheitsbewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hätte die EU-Kommission schon länger den politischen Entscheidungsprozess einleiten müssen, zögerte ihn aber immer wieder hinaus. Mit dem nun rechtlich verankerten „Selbstbestimmungsrecht“ der Mitgliedsstaaten beim Gentechnik-Anbau ist ein wesentlicher Grund für diese Blockade entfallen.
Derzeit stehen Entscheidungen für EU-weite Anbau-Zulassungen bei sechs gv-Maissorten (Events) an, darunter die für den 1507-Mais und die Neuzulassung für den MON810-Mais. Anbauanträge für gv-Sorten anderer Kulturarten liegen in der EU nicht vor.
Wie in Deutschland über nationale Anbauverbote entschieden werden soll, ist noch nicht abschließend geklärt. Im Herbst hatten sich die Agrarminister der Bundesländer für bundesweite Anbauverbote ausgesprochen. Dagegen wollte Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt (CSU) damals die Entscheidungskompetenz bei den Bundesländern belassen. Inzwischen tendiert er ebenfalls zu bundesweiten Verboten.
Nun ist Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) vorgeprescht. Sie will das Gentechnik-Gesetz so geändert haben, dass künftig ein „lückenloses“ Verbot der Grünen Gentechnik insgesamt möglich ist und so auf Dauer „Gentechnikfreiheit in Deutschland“ garantiert wird. So steht es nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung (13.01.2015) in einem Positionspapier ihres Ministeriums.
Nach den neuen EU-Regeln sind jedoch keine pauschalen Verbote zulässig. Anders als Hendricks es fordert, muss jeder Fall gesondert begründet werden.
Die grüne Gentechnik, so Hendricks, sei für Umwelt und Natur riskant und werde von Verbrauchern nicht gewünscht.
Hendricks Argumentation sei fehlerhaft, so Daniel Lingenhöhl im Wissenschaftsmagazin Spektrum. „Dadurch trägt sie ihren Teil dazu bei, dass die Menschen über die Chancen und Risiken der Grünen Gentechnik falsch informiert werden, was letztlich die Ablehnung mit produziert. So hat eine umfassende Analyse der wissenschaftlichen Literatur über Grüne Gentechnik, die mit Geldern der Europäischen Union erforscht wurde, 2014 keinerlei Belege gefunden, dass gentechnisch veränderte Organismen (GVO) eine größere Gefahr für die Umwelt oder die Lebens- und Futtermittelsicherheit darstellen als herkömmliche Pflanzen und Organismen“.